Echte Kerle und zarte Geschöpfe – auf der ProWein trifft man wirklich auf jeden Schlag Mensch. Doch eines haben sie natürlich alle gemeinsam: Eine große Leidenschaft für Wein . Es ist für mich immer wieder überwältigend festzustellen, dass die Wein-Vielfalt auf dieser Messe genauso groß ist wie die Menschen-Vielfalt. Was bedeutet, dass sich in 3 Tagen einiges an Erfahrungen ansammelt. Um die vielen Eindrücke von der Messe doch noch loszuwerden, habe ich mich zu diesem wirklich extrem verspäteten ProWein Messe-Telgramm entschieden, ein Sammelsurium von Proben, Begegnungen und Momenten.
Der oben abgebildete Arm gehört Vincent Rapin, Lebenskünstler und Inhaber der Domaine de Valmengaux. Seine Merlot-basierten Weine sind alles andere als belanglose Fruchtbomben. Sie zeichnen sich zwar auch durch eine strahlende Frucht aus, doch haben gleichzeitig auch Struktur und viel Finesse.
Sein zweites Tatoo steht übrigens für seine erste Karriere als Jazz-Musiker.
Am gleichen Tisch steht Winzerkollege Guillaume Pire, der zusammen mit seinem Zwillingsbruder Adrien und deren beiden Ehefrauen das Château de Fosse-Sèche in Saumur betreibt. Sein Eolithe ist ein fantastischer Cabernet Franc (mit etwas Cabernet Sauvignon), der auf einem Silex- und Eisenoxid-reichen jurassischen Boden wächst. Der Wein ist dicht und von komplexer Aromatik, aber finessenreich und mineralisch frisch.
Guillaume hat übrigens gleich eine Gesteinsprobe mitgebracht. Was sehr leicht aussieht, wiegt bestimmt 15 Kilo (habe die Hebeprobe gemacht). Die Weine sind momentan wohl noch nicht in Deutschland erhältlich. Hoffentlich ist das bald der Fall.
Wo wir gerade an der Loire sind. Die sympathischen Winzer aus Bourgueil waren auch wieder dabei (mit Ihrem tollen, gigantischen Holztisch, den sie immer im Transporter verladen, wenn es zur Messe geht. Die Weine aus Bourgueil verdienen auf jeden Fall deutlich mehr Aufmerksamkeit hierzulande. Es sind trinkige und langlebige Weine, die noch dazu extrem preiswert sind. Beispielhaft hier ein 2012 Igoranda der Domaine des Ouches von Thomas und Denis Gambier, ein sehr direkter, erfrischender Cabernet Franc, der 1 Jahr im großen Faß verbracht hat.
Und natürlich hatten die Bourgueil-Winzer wieder ihre süchtig machenden grattons de porc dabei.
Zurück nach Deutschland. Kaiserstuhl-Winzer Holger Koch macht exzellente Spätburgunder. Doch nun konnte ich mich auch vergewissern, dass seine Weissweine ebenso genial sind. Sein Grauburgunder ist so frisch, wie ich noch selten einen hatte. Kein überreifes, käsiges Geschoß, wie man es manchmal vom Kaiserstuhl kennt. Einfach kühl, aromatisch und mit Biss.
Ein ebenso frischer Burgunder, diesmal ein Weissburgunder aus dem Stahltank, gelingt dem Burgenländischen Weingut Prieler (das vor allem für seine tollen Blaufränkisch Weine bekannt ist). Sollte man unbedingt auf dem Zettel haben.
Andi Schneider, vom gleichnamigen Weingut Schneider in Bad Sobernheim an der Nahe, beweist Jahr für Jahr sein Talent. Auch im schwierigen 2013 liefert er ein tolle Kollektion, die durch Trinkfluß und Mineralität besticht. Der 2013 Domberg präsentiert geballte Mineralik bei freundlichen 12,5% Alkohol.
In Sachen deutscher Rotwein hatte ich ja schon von den eindrucksvollen Pinots von Thomas Pfaffmann berichtet. Ebenfalls am Stand des Pfälzer Barrique Forums stellte Matthias Stachel aus, der nicht nur Syrah, sondern auch einen Pfälzer Malbec am Start hatte. Ein würziger Wein mit animalischen Noten von Leder und Fleisch. Auch am Gaumen sehr fleischig. Eigentlich der perfekte Steakwein. Die Kombi sollte ich mal ausprobieren.
Eine weitere Innovation aus der Pfalz hatte der Winzer Lukas Krauß mit seinem Pornfelder im Gepäck. Es handelt sich dabei um ein Cuvée aus Portugieser und Dornfelder, das süffig aromatisch daherkommt, fern jeglicher Marmeladenclichés. Ein gekonnt gemixter Party-Rotwein, bei dem jeder Schluck zum nächsten führt.
Der Winzer selbst hatte beim Pfälzer Schorlen Workout seinen großen Auftritt als Weinprinzessin! ;) Pornös!
Bleiben wir kurz beim Rotwein. Beeindruckend fand ich mal wieder die Rotweine von Château de Saint-Cosme, vor allem die Nordrhône-Weine. Saint-Joseph, Crozes-Hermitage und natürlich Côte Rôtie sind kraftvolle, tanninreiche Weine, die aber eine strahlende, elegante Beerigkeit enthalten.
Ein Kracher auch die lieux-dits Champagner von Jacquesson, wie dieser 2004 Champ Cain aus der Nähe von Avize. Hier geht die Swarowski Säge durch den Kalkstein und zwar direkt auf meinem Gaumen. Einfach fantastisch. Im Handel für runf 160 Euro erhältlich – so oft kriegt man den also nicht zu probieren.
Interessantes gab es auch mal wieder in der portugiesischen Halle, wo ich neben einem spannenden 1974 Colheita Portwein (Nicht von Niepoort)…
.. Auch den 2012 Coche von Niepoort probieren durfte. Es handelt sich dabei um einen burgundisch anmutenden Weisswein der nicht aus Chardonnay, sondern aus autochtonen portugiesischen Rebsorten besteht. Zur Zeit ist der Wein deutlich holzüberlagert und schwer zu beurteilen. Sein Potential lässt sich jedoch erahnen.
Zu guter Letzt noch ein Kuriosum. Das neue, durch Riedel entwickelte Coca-Cola Glas. Gelegenheit zur Probe hatte ich nicht. Die Idee finde ich aber extrem originell und aus Marketing Gesichtspunkten sehr sinnvoll.
Der Blick über Halle 6. Rege Betriebsamkeit herrscht auf der ProWein. Ich freue mich schon aufs nächste Jahr!