Das vor kurzem beschriebene Essen im Restaurant Kadeau in Kopenhagen war ein tolles Erlebnis. Doch es folgte noch der zweite Teil unserer Kadeau-Entdeckungs-Tour, der uns auf die Heimat-Insel der 3 Jungs mit dem Mutter-Restaurant am Bornholmer Strand führen und uns unvergessliche Augenblicke in toller Atmosphäre bescheren sollte.
Nach einem circa 25-minütigen Flug aus Kopenhagen landen wir mittags auf dem 1-Terminal-1Gate-1-Gepäckband-Flughafen von Bornholm. Dort steht auch schon der angekündigte Abhol-Kleinbus für uns. Doch wo ist Abholer Rasmus Kofoed? Nach einigen Augenblicken huscht dieser ebenfalls aus dem Terminalgebäude – er hatte sich im Flughafenbistro noch ein paar Weingläser geborgt. Für eine angemessene Verpflegung mit österreichischen Schaumwein im Kleinbus sollte eben gesorgt sein, denn es stand nun eine kleine Inseltour an. Diese führt uns zu den Feldern mit den Beerensträuchen, den Fisch-Räuchereien, dem Töpfer-Laden und zu dem kleinen Fischer-Hafen – zu all den Orten, von denen die 3 Kadeau-Jungs ihre lokalen Produkte beziehen (siehe Fotos ganz unten).
Sofort tauchen wir wieder in diese warmherzige, familiäre Atmosphäre ein, die den Besuch der Kadeau Restaurants mitunter so besonders macht. Diese tolle Stimmung haben vor allem die Mitreisenden Freunde vom Spanish Hipster Blog in einem wundervollen Post mit Video perfekt eingefangen.
Doch zurück zum Tagesablauf. Nach einer kurzen Siesta in unserer Unterkunft geht es zum Restaurant. Die 2007 gekaufte Strandbude liegt wunderschön direkt in einer begrünten Düne am Sandstrand. Früher diente das Lokal als waschechter Touri-Strandkiosk, und ich kann mir vorstellen, dass einige Renovierungsarbeiten notwendig waren, um zum heutigen Zustand zu gelangen. Das Kadeau ist ein einladendes Kleinod mit viel warmen Holz und Liebe zum Detail. Wunderschön ist auch der Aussenbereich mit Holzterrasse und einem Feuerplatz. An der Seite gedeiht ein kleiner aber prächtiger Kräutergarten mit einem beeindruckenden Fenchelbusch.
Der Abend wird eingeleitet mit einem schön frischen Lassaigne Champagner aus der Magnum. Die dazu servierten Amuses und auch das gesamte darauf folgende Essen waren schlicht grandios. Meine Notizen sind leider sehr spärlich ausgefallen, doch einige Aspekte sind sehr präsent in meinem Gedächtnis. Zum Beispiel die sehr hohe Produktqualität, egal ob es sich um Gemüse, Früchte, oder eben auch um den verwendeten Fisch handelte. Dann sind die wirklich gut durchdachten und funktionierenden Aromen-Zusammenspiele zu nennen, die auch immer mit der richtigen Geschmacksintensität zu beeindrucken wussten. Die Gerichte von Nicolai Norregaard sind zum Teil abgedreht, aber niemals überdreht. Alles wirkt (und schmeckt) natürlich, als ob diese Zutaten schon immer zusammen gehört hätten.
Los geht’s!
Zum Apéritif und zu den Amuses gibt es einen frischen, optimal passenden Lassaigne Champagner
Nachschub wird uns von Magnus Kofoed an den Strand gebracht – besser geht’s nicht!
Neue Kartoffeln, geräucherter Hering – die leichte Süße der neuen Kartoffeln ergänzt sich perfekt mit der salzig-rauchigen Hering-Crème
Grüner Spargel, getrocknete Hagebutte – dazu gibt es noch eine Mayonnaise-artige Crème, die mit Fischrogen angereichert ist. Sehr gut.
Rote Bete, Kohl, Knoblauch – die confierte Rote Bete kann man angenehm kauen. Der Knoblauch kommt intensiv, aber nicht störend durch. Dazu gibt es eine leckere Broccoli-Crème.
Fermentierte junge Zwiebeln, Schwarze Johannisbeer-Blätter
Black Prawns, Pollen und Hefe-Mayonnaise – Sehr gut
Gravad Duck, Staub von Schwarzer Johannisbeere – Ein angenehmer Snack, der mit dem intensiven salzigen Aroma der Ente und der Säure der fruchtigen Johannisbeere spielt.
Tintenfisch und “Slo vinegar” – zudem befindet sich noch eine Crème aus Sonnenblumenkernen auf dem getoasteten Brot. Die leicht beerige Säure des Essig ergänzen die erdigen Aromen und den Tintenfisch in optimaler Weise. Wie schon beim Essen in Kopenhagen fällt mir die perfekte Zubereitung des Tintenfischs auf.
“Kräutertee” – Frisch aufgebrühter Tee von der Kresse und anderen Kräutern.
Gartenkräuter, Wein von roter Johannisbeere – Ein Blumenstrauss zum essen. Und er schmeckt wahrlich genial.
Miesmuscheln, Erbsen, grüne Erdbeeren, Sumpf-Dreizack – eine hocharomatische Komposition, die durch eine Art Liebstöckel-Miesmuschel-Jus ergänzt wird und viel Frische transportiert. Exzellent.
Geräucherte Makrele, Lauch, fermentierter Sellerie, Hanf – Eine unglaubliche Intensität der Aromen bietet diese Gericht. Herb und frisch zugleich. Ein Geniestreich.
Zwiebeln, Käse, Beeren vom letzten Jahr – es scheint keine Grenzen für Nicolai Norregaards Kreativität zu geben – die jungen Zwiebeln wurden offensichtlich in verschiedenen Säften eingemacht. Die Säure der Beeren und die herzhafte, reichhaltige Käsesauce spielen Ping Pong. Geil.
Zum nächsten Gang erwarte uns ein wunderbar intensiver Chardonnay aus dem Jura von Overnoy.
Langoustine, Blumenkohl, Zitronen Kräuter, welker Sauerampfer, Stachelbeeren-Reduktion – Der Blumenkohl fühlt sich als Crumble in einer Nussbutter sehr wohl und erhebt die leichte Süße des zarten Langoustine-Fleisch. Und klar, für Säure ist durch clever eingesetzte Frucht erneut gesorgt. Wieder genial.
Steinbutt, frittierte Kräuter, Emulsion von verbranntem Grünkohl, Käsemolke – Grandios gebratener Fisch. Die eine Seite kross gebraten, innen fast glasig. Zu so einem Fisch bräuchte man eigentlich keine Beilage, doch die Ergänzungen passen wieder wie die faust aufs Auge.
Dinkel, Pilze vom letzten Herbst, Flechte, Fichte – ein sehr erdig anmutendes und nach Wald duftendes Gericht. Der Übergang von Fisch zu Fleisch wird gekonnt gemeistert. Die Sinne werden eingefangen und der Fokus neu ausgerichtet
Schweinebauch, Karotten, Joghurt, Schwarze Johannisbeere BBQ – sehr gut.
Karamell, Crème Fraîche, Kartoffeln, Radi, Holunder – Viel Frische, leicht knackig und etwas blumig. Sehr lecker
Erdbeere, Strandrose, fermentierter Spätsommerhonig –
Gerfrorenes, in Butter gebackenes Brot, Heu-Crème und Gelée von Vogelbeeren Blüten – der letzte Snack zum Kaffee. originelle und lecker.
Was soll man zu solch einem Essen eigentlich noch sagen? Bestimmt nicht viel. Vielleicht aber, dass wenn es vom Michelin bewertet werden würde (Der Guide bewertet bislang nur die Restaurants in den Städten Skandinaviens), es aus meiner Sicht locker seine 2 Sterne “wert ist”. Doch man hat hier eigentlich gar nicht den Eindruck, dass es um Sterne geht. Man hat das Gefühl, hier sind die 3 Jungs von der Insel und sie haben einen Riesenspaß mit Ihrem Konzept, haben nicht nur Freude am Kochen, sondern sind vor allem die geborenen Gastgeber.
Und das sollte sich auch nach dem Essen zeigen, als wir uns mit unseren Gastgebern noch feuchtfröhlich ums Lagerfeuer versammelt haben, um die letzten Augenblicke auf der Insel andächtig zu genießen.
Baunevej 18
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Tel: +45 56 97 82 50
Hier noch die lesenswerten Berichte meiner Mitreisenden:
Hier noch alle weiteren Foto-Impressionen: