Es sollte mehr Weinveranstaltungen wie die K&U Hausmesse geben.
An Rund 80 Ständen kann man hier von Winzern probieren, denen es um mehr als die Qualität ihrer abgefüllten Weine geht. Es sind Menschen, die grundlegende Aspekte wie die Individualität der Weinberge in jedes Gewächs mit einfließen lassen, die keine Mühe scheuen, das Beste aus dem zu machen, was die Natur Ihnen gibt und das Optimum Ihrer Vorstellungen in die Flasche zu bringen.
Hier findet man Weine mit Charakter und Finesse. Und das aus allen spannenden Weinecken dieser Welt. Ich mache keinen Hehl Daraus, die Weinhalle gehört ohne Frage zu meinen Top-10 Weinhändlern in Deutschland. Daher war es für mich ein besonderes Erlebnis endlich mal bei der jährlichen Hausmesse dabei zu sein!
Der Rahmen ist übrigens sehr passend. Das Ofenwerk in Nürnberg nennt sich auch “Zentrum für mobile Klassik” und die hier ausgestellten Youngtimer strahlen ähnlich viel Charakter und Individualität aus wie die Weine.
Bei dieser tollen Auswahl habe ich mich natürlich Querbeet durchprobiert. Markus Budai von Budi’s Foodblog war dabei ein wertvoller “Wingman”, hat er mich doch auf einige Geheimtipps aufmerksam gemacht. Alle probierten Weine werde ich hier leider nicht erwähnen können. Daher lege ich bei den Notizen einen leichten Fokus auf Weine mit einem guten PLV – es sind mir hier auffallend viele begegnet.
Die Domaine Saladin befindet sich in der Ardèche, also quasi am Anfang von Südfrankreich. Die beiden Töchter des Guts, Elisabeth und Marie-Laurence zeichnen sich für die Weine verantwortlich und stecken viel Energie in die Verwirklichung ihrer Ideale. Alle probierten Weine konnten mich überzeugen. Besonders spannend ist der Basiswein “Paul” (2012), von 50 Jahre alten Grenache-Reben stammend, vergoren im unterirdischen Betontank. Er hat viel Frucht, viel Frische und vereint relative Leichtigkeit mit einem feinen Tannin-Korsett. Extrem viel Wein für rund 14 Euro.
In Südfrankreich machen auch viele “Dazugezogene” tolle Weine. Der Norweger Even Bakke, der sein Handwerk in den USA gelernt hat, produziert seit wenigen Jahren spannende Weine im Ventoux. Ein toller Wert ist sein hauptsächlich aus Grenache bestehender, schlicht nach dem Weingut benannter Einstiegsroter Clos de Trias. Für knappe 10 Euro bietet dieser mehr als manch ein Wein für 20 bieten kann. Ein besseres Aushängeschild für ein Weingut ist kaum vorstellbar.
Viel weiter südlich, in St. Chinian, haben sich das junge Paar Patricia und Luc Bettoni niedergelassen, um das Weingut Les Eminades zu gründen. In 170 bis 300 Meter Höhe stehen vor allem 30 bis 60 Jahre alte Reben von Carignan, Grenache, Syrah und Cinsault, die nach Bio-Richtlinien bewirtschaftet werden. Auch hier konnten mich alle Weine überzeugen und erneut ist der Einstiegswein eine besondere Erwähnung wert. Der 2013 “La Pierre Plantée”, bestehend vor allem aus Cinsault von alten Reben (1960), ist ein knackiger, fruchtiger und sehr feiner Rotwein für jeden Anlass und ein unglaublicher Weinwert für 9 Euro.
In der Provence, zwischen Marseille und Toulon, befindet sich das Château de Roquefort, das südfranzösische Gut mit den schönen, plakativen Etiketten und den nicht weniger schönen Weinen. Der Winzer Raymond de Villeneuve ist ein absoluter Sympath und scheint noch dazu alle Sprachen der Welt zu beherrschen. Richtig gut gefallen hat mir hier der rote 2013 “Gueule de Loup”, ein “vin de bistrot”, wie de Villeneuve ihn bescheiden beschreibt. Und es ist tatsächlich ein Bistrot-Wein, ein Anspruchsvoller, der einiges an Geschmack ins Glas bringt und dabei an Süffigkeit kaum zu überbieten ist. Neben allerhand roter Rebsorten wurden hier sogar ein paar Prozent weisse Trauben verarbeitet, was wohl die Saftigkeit und Frische des Weins deutlich unterstützt. Für 10 Euro ein Wein bei dem man nichts falsch machen kann!
Um etwas die Region zu wechseln: Begeistern konnten auch die Burgunderweine von Vincent Pataille aus Marsannay. Seine Chardonnays wirken allesamt spannungsgeladen, messerscharf, karg und mineralisch. Straff statt rund. Der Harmonie halber werden diese mit nur wenig neuem Holz konfrontiert (Zudem verwendet er für die Weissen Fässer aus feinporiger Eiche von den Vogesen). Eine nicht unangenehme leicht Harznote zieht sich durch die ganze Riege der Chardonnays. Vom Preis-Genuss Verhältnis besticht für mich jedoch vor allem der feine 2011 Pinot Noir “Clos du Roy”. Dieser zeigt eine tolle Pinot-Frucht, raffiniert und präzise und umgeben von einem feinen Tanningerüst. Für circa 30 Euro einfach guter Stoff.
Weiter ins ach-so-hippe Jura (zu recht). Der sympathische Stephane Tissot erklärt, er verkaufe zur Zeit mehr Wein in New York als in Paris. Mehr braucht man zum Thema hip nicht zu sagen. Seine Chardonnays wachsen auf Lagen von kalkigen oder kieseligen Lehmböden, und dass dies einen Unterschied macht, ist in den Weinen deutlich zu schmecken. Alle Chardonnays sind geladen mit Mineralik und werden durchquert von einer elektrisierenden Säure. Komplexe, rauchige Noten bleiben am Gaumen haften. Diese tiefgründigen Weine sind wahrlich nichts für “Anfänger” und hauen wohl auch in New York jeden Fan von buttrigem oaked Chardonnay aus den Socken. Aber wer neugierig ist, sollte sich diesen Weinen auf jeden Fall stellen. Und da es sich ausserdem um extrem langlebige Weissweine handelt, kann man hier auch getrost von Werten zum Einlagern (und später trinken) sprechen!
Auch die Loire war vertreten. Die Weine der Domaine Guiberteau zeigen Chenin Blanc, wie er sein kann. Nicht sich mollig breitmachend, sondern karg, fast rauchig und mit sprengstoffartiger Geschmacksentladung. Vor allem der 2009 Saumur Brézé besticht und zeigt zugleich, wie alterungsfähig Chenin sein kann. 5 Jahre auf der Flasche und kaum Zeichen von Alterung.
Länderwechsel. Aus Österreich waren einige tolle Weingüter vertreten. Ein Riesen-Highlight war sicherlich der Orange Wine von Werlitsch. Ich habe schon andere gute Orange Weine getrunken, aber keinen, der eine solche Leichtigkeit und Harmonie besitzt und dabei noch mit Tiefgründigkeit beeindrucken kann. Ein kleines Wunderwerk aus Morillon und Sauvignon Blanc, das man wohl viel zu schnell wegsüffeln wird.
Ich bin ein Fan von Holger Koch‘s Pinot-Stilistik, die das Gegenteil der “typisch deutschen” Spätburgunder darstellen. Jene Weine, die -salopp gesagt – vordergründig nach verbrannten Reifen riechen. Absolut feiner Stoff für unglaubliche 13 Euro ist sein Pinot Noir Herrenstück. Strahlende Himbeere, Saftigkeit, Feinheit, ein subtiles Tanningerüst sind die Komponenten eines Alltags-Pinot der Luxusklasse. Absolut geil ist sein Pinot Reserve, in der gleichen Stilistik aber fester, konzentrierter, mit großartiger Zukunft vor sich. Für rund 40 Euro ein Wein der deutschen Top Pinot-Liga und im Preisvergleich mit den ganz großen Namen wohl dann doch ein Schnäppchen!
Unbedingt erwähnenswert sind auch die Weine von Riecine. Der Engländer Sean O’Callaghan, der übrigens auch sehr gut Deutsch spricht, ist auf dem Gut für das Weinmachen verantwortlich und bringt fantastische Sangiovese-Weine auf die Flasche. Der Chianti Classico, also der Basiswein des Guts zeigt solch eine Konzentration und Kraft und gibt sich gleichzeitig als finessenreicher und fast leichter Wein mit raffiniertem Tanningerüst. Für rund 16 Euro immer noch eine klare Schnäppchen-Empfehlung.
So, das war’s. Ich freue mich auf’s nächste Jahr! Nachfolgend noch ein paar Foto-Impressionen