Aktenzeichen GG – auf den Spuren des Jahrgangs 2012 im Frankfurter Palmengarten

First of all: Was für eine Location! Klar bot das Kloster Eberbach auch einen erhabenen, dem Anlass entsprechenden Rahmen, doch ist das Rheingauer Kleinod schon ziemlich abgelegen und für die wenigsten praktisch zu erreichen gewesen. Der Frankfurter Palmengarten bietet mit seinem Gesellschaftshaus nicht nur ein prunkvolles Juwel, sondern ist für jeden Besucher problemlos per Bus, Bahn oder Auto zu erreichen. Ich hoffe, dass der Palmengarten nun dauerhaft Heimat der VDP Grosse Gewächse Probe wird.

Und somit sind wir schon beim Thema: Dem neuen Jahrgang Großer Gewächse aus Deutschland. Und mit 2012 gibt es kaum etwas zu meckern. Wenn es einen Große Gewächse Jahrgang gibt, bei dem man das sprichwörtliche “blind Zuschlagen” anwenden kann, dann ist es wohl dieser. Und so kann man sich beim Probieren auch mal vollkommen den tiefgründigeren Themen widmen und versuchen die regionalen Entwicklungen zu erschmecken. Denn es tut sich was: Vor allem der Rheingau wacht deutlich aus seinem Dornrösschenschlaf auf und bringt vermehrt Spannung ins Glas. An der Nahe ist die Marschrichtung schon länger bekannt und die Weine scheinen jedes Jahr eine Schippe draufzulegen. Das Gleiche gilt für Rheinhessen. An Mosel und Saar gibt es einige beeindruckende Kollektionen, die auch eine große Vielfalt an Stilistiken darbieten – Weingüter wie Heymann-Löwenstein, Van Volxem oder Peter Lauer sind “at the top of their game”. Doch auch Weine von Dr. Loosen oder St. Urbanshof und andere gefallen gut.

Weiter geht’s mit den Notizen, wie immer bewusst knapp gehalten – geht bei so viel Wein fast nicht anders.

Rheinhessen:

Bei St. Antony machen die neuen Großen Gewächse wohl gerade eine schwierige Phase durch. Der Pettenthal zeigt sich schlank, mit leichten Sponti-Noten, insgesamt sehr leichtgewichtig, und mit einer unharmonischen Säure. Der Orbel ist konträr in der Stilistik, zeigt sich stoffiger, doch wirkt auch verschlossen und offenbart zur Zeit nicht viel. Ein Urteil ist schwierig: Diese Weine sollte man irgendwann nachpobieren.

Battenfeld Spanier Kirchenstueck 2012

Battenfeld-Spanier’s großen Gewächse zeigen sich zum ersten mal im neuen Gewand, schick-schick, gefällt mir. Das Kirchenstück ist fest und geradlinig. Der Schwarze Herrgott hat enorme Dichte, viel Druck, zeigt Kräuter und Mineralik und ist irre lang. Auch der Frauenberg ist schön, hat aber auch einen leichten Zuckerschwanz und ist daher nicht so meins – zumindest momentan.

Kühling Gillot Grosse Gewaechse 2012

Bei Kühling Gillot findet sich in allen Großen Gewächsen die reinste Kräuterorgie im Glas. Rothenberg Wurzelecht, Pettenthal und Ölberg zeigen sich perfekt ausbalanciert und druckvoll. Das sind gebündeltet Power-Pakete, die aber dennoch recht schlank über den Gaumen schiessen. Top!

Rothenberg und Pettenthal vom Weingut Gunderloch betonen ganz Riesling-klassisch viel mehr die Frucht als die sekundären Aromen, haben auch viel weniger Druck, wirken nach den Weinen von Kühling-Gillot fast etwas zu brav – das war wohl nicht die richtige Reihenfolge.

Wagner Stempel Grosse Gewaechse 2012

Bei Wagner-Stempel sind 2 völlig konträre Stilistiken am Start. Der Höllberg wirkt nobel und opulent. Der Heerkretz eher rassig und schlank. Letzterer ist hier eindeutig mein Favorit. Doch der Höllberg ist ein Langstreckenläufer und in ein paar Jahren wird das sicherlich schwerer sich zwischen den beiden zu entscheiden.

Weingut Winter Geyersberg

Auch beim Weingut Winter gibt es 2 konträre Weine. Der Leckerberg wird seinem Namen gerecht und ist ein üppiger, fruchtgeladener Wein, momentan wieder mal nicht ganz meins. Der Geyersberg zeigt sich schlanker und rassiger, macht mir daher zur Zeit viel mehr Spaß.

Nach Probieren der Weine muss ich verkünden: Der diesjährige Hype um Wittmann ist eindeutig gerechtfertigt. Die Aulerde zeigt sich momentan verschlossen und überhaupt nicht zu entschlüsseln. Das Kirchspiel hat eine tolle Struktur, erscheint federleicht, ist aber dennoch vollgestopft mit allerlei intensiver Aromen und ist so druckvoll, dass er sich quasi von alleine über den Gaumen schiebt. Und kaum zu Glauben aber wahr: Der Morstein legt noch eine Schippe drauf! Dessen Aromen bleiben unendlich lang am Gaumen heften. Bravo!

Rheingau:

Barth Schoenhell 2012

Sektkönig Mark Barth hatte zwar auch eine Flasche Primus Sekt dabei (wird aus einem ersten Gewächs hergestellt und hat eine unglaublich feine Perlage), doch auch seine 3 Gr0ßen Gewächse haben viel zu bieten Mein Favorit ist der Hassel (nicht im Bild). Dieser vereint exotische Frucht mit einem rassigen, schlanken Körper und bietet ein tolles Finish mit schöner Länge.

Bei August Kesseler gab es neben den gewohnt grandiosen Pinots auch einen feinen, sehr klassichen Berg Schlossberg Riesling. Die Frucht ist präsent, jedoch nicht übertrieben. Ein GG mit Frucht, Frische und Leichtigkeit.

Peejay Kühn hat schon seit Jahren wahrhaftige Riesling-Unikate im Gepäck, so auch dieses Jahr. Sein Sankt Nikolaus bringt intensive Kräuternoten mit energischer Eleganz ins Glas. Die Sponti-Aromen sind da aber überhaupt nicht laut. Der Wein wirkt rassig und elegant zugleich, ein absoluter Kauftipp. Der Doosberg erscheint etwas weniger wild, bietet zwar auch viel Kräuter, aber wirkt etwas zu barock für meinen Geschmack und hat auch eine leicht buttrige Note (BSA?). Eventuell ein Langstreckenläufer?

Ein paar Kaliber hatte auch Künstler am Start. Die Hölle, in vielen Jahrgängen gerne sehr zurückhaltend in der Jugend, zeigt sich sehr offen mit viel Frucht und Wärme, sowie den typisch erdigen Noten. Das Kirchenstück ist eine Granate: Dicht und dick, mit viel Energie, aber auch einen Hauch spürbaren Alkohol. Der Weiss Erd zeigt eine leicht dropsige Note und erscheint insgesamt eher leichtgewichtig – weiss nicht ob der so meins ist. Der Rüdesheimer Berg Rottland ist erhaben, kraftvoll und filigran zugleich. Ein sehr gelungener Riesling.

Balthasar Ress Wisselbrunnen 2012

Balthasar Ress ist so etwas wie ein neuer Leuchtturm im Rheingau. Weinmacher Dirk Würtz verleiht der Region eine neue Dynamik oder beschleunigt zumindest die existierenden Innovationsprozesse. Seine Weine sprechen eine deutliche Sprache, vereinen Kraft, Eleganz und Finesse. Der Nussbrunnen hat eine prägnante Frucht mit leicht süßem Touch, zeigt sich dabei sehr filigran. Der Wisselbrunnen erscheint trockener und druckvoller, wirkt dabei kompakt und harmonisch und zeigt eine schöne Mineralität. Der Berg Schlossberg beinhaltet zudem leicht rauchige Noten. Viel Power und Finesse verbindet der Berg Rottland. Schöne Kollektion von individualisten, die viel Lebendigkeit inne haben und gewiss schön zu beobachten sein werden in den nächsten Jahren.

Der Silberlack von Schloss Johannisberg war in den letzten Jahren immer eine gute Figur gemacht. Dies gilt auch für 2013: Ein vornehmer, eleganter Riesling mit Kraft und Harmonie. Seit 2007 wird er in Fässern aus Johannisberger Eiche ausgebaut – Liebe zum Detail!

Spreitzer Wisselbrunnen 2012

Spreitzer bringt die pralle Rheingau Frucht in die Flasche, ohne aber Spannung zu vergessen. Der Wisselbrunnen ist die reinste Fruchtexplosion und kommt wie das Lenchen “Rosengarten” auch mit leichten Spontinoten daher. In dieser Kollektion gibt es eine klare stilistische Linie und dennoch viel “Lagen-Delta” zu erschmecken.

Robert Weil Graefenberg 2012

Bei Robert Weil steht eine einsame Flasche auf dem Tisch. Gräfenberg, was sonst? Der Klassiker schlechthin unter den Großen Gewächsen des Rheingaus. Die Verkörperung des fruchtig-mineralischen stils. Ich staune: Dieses Jahr kommt der Gräfenberg verändert daher, etwas wilder, rassiger und spritziger als sonst. Ein Stiländerung etwa? Auf jeden Fall gefällt mir diese. Bin auf die Entwicklung gespannt!

Mosel

GG2012

Die Großen Gewächse vom St. Urbans-Hof  erstrahlen in neuer Austattung. Das puristisch-elegante Label steht den Flaschen meiner Meinung nach sehr gut. Beide Weine, Laurentiuslay, sowie Bockstein (Saar) finde ich sehr gelungen. Beide betonen das Filigrane im Riesling. Der Bockstein wirkt etwas fester und druckvoller.

Dr Loosen Wuerzgarten 2012

Bei Dr. Loosen gibt es ja eine wahnsinnige Breite an besten Lagen. Umso wahnsinniger: Alle präsentierten Weine wissen auf ihre Art zu überzeugen. Das Treppchen kommt leicht, filigran und frisch daher. Die Sonnenuhr ist fest gewirkt. Der Prälat wirkt männlich mit Tabaknoten. Herausragend dann aber der auf Rotschiefer wachsende Würzgarten: Rauchig, kraftvoll und fest, dabei völlig harmonisch!

Heymann Loewenstein 2012 Kollektion

Die Großen Gewächse von Heymann-Löwenstein gefallen mir viel besser als die auf der Mainzer Weinbörse vorgestellten Basisweine, aber das kann damals auch an der extremen Jugend der Weine gelegen haben. Vor allem die Harmonie hatte mir gefehlt. Hier ist sie bei allen GG’s gegeben. Viel Tabak, Kräuter, gelbe Frucht ist in allen Weine gut proportioniert vorhanden und vor allem in Saftigkeit getränkt. Spaß auf ganz hohem Niveau!

Saar

Peter Lauer Schoenfels

Die Weine von Florian Lauer sind allesamt beeindruckend, drücken ein authentisches und komplexes Bild des Saar-Rieslings aus. Mein Favorit ist der Schonfels, ein Riesling der eine orientalisch pikante Note mit sich bringt, zumindest an Pfeffer erinnert, dabei filigran tänzelt. Ein Prachtexemplar!

Reger Betrieb dann bei Van Volxem, Niewo schenkt im Viertelsekundentakt ein und die Begeisterung ist groß. Zu Recht, denn die gesamte Kollektion ist einfach nur riesig Sehr gut gefallen hat mir der Gottesfuss mit seiner pfeffrigen Note aber jeder einzelne Wein macht spaß, denn alle vereinen Leichtigkeit und Geschmacksintensität.

Pfalz

Immer weniger Weine habe ich nun pro Region probiert.. In der Pfalz sind lediglich 2 Noitzen zusammen gekommen

Christmann Idig 2012

Der Idig von Christmann ist eine Granate. Einerseits fruchtig und stoffig, andererseits intensiv mineralisch und druckvoll. Pfälzer Rakete!

Kranz Kalmit 2012

Beim Weingut Kranz hat es mir mal wieder der Kalmit angetan. Ein kleines Kraftpaket, das karge Mineralik kompakt über den Gaumen lenkt. Er verkörpert definitiv eine andere Art von Pfälzer Großen Gewächs, eine die man aber bestimmt häufiger sehen wird in den nächsten Jahren.

So, das war’s. Für viel mehr haben meine Notizen dieses mal nicht gereicht. Das heisst: Es gibt noch welche, aber die sind leider knapper als knapp.

Zum Abschluss noch ein paar Fotos von der tollen Kulisse. Ein herzliches Dankeschön an alle Winzer für diese tolle Darbietung und die super Weine!

 

GG2012

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