Mainzer Weinbörse 2012 – ein erster Blick auf den Jahrgang 2011

Nun war es wieder soweit. Das Top-Event des Jahres für deutsche Weine, die Mainzer Weinbörse des VDP ist über die Bühne gegangen. Die Winzer präsentieren hier jährlich vor allem ihre neuen Weine des letzten Jahrgangs, also in diesem Fall von 2011.

Und obwohl 2011 schon so viele Vorschusslorbeeren erhalten hat, bestimmt zu recht, ist es für mich definitiv kein einfach zu beurteilender Jahrgang. Da waren 2008, 2009 und 2010 irgendwie viel eindeutiger, denn die Kernaussagen hatten wohl viel mehr tragweite.

2011 ist mit Sicherheit ein guter Jahrgang in Qualität und Quantität, aber bestimmt kein homogener, insbesondere was die Stilistiken angeht. Beim einen Winzer erscheinen die Weine mit dezenter Frucht, beim nächsten mit prallen Aromen. Das Gute: Es ist für jeden was dabei, aber ein pauschales Urteil, wie man es manchmal gerne hätte, verbietet sich mehr denn je.

Was viele schon geschrieben haben, unter anderem Captain Cork oder was sich schon bei Martin von BerlinKitchen beim Gutsriesling-Cup herauskristallisert hat, ist, dass es viele schöne Basisweine gibt, mit genügend Frucht und schöner Harmonie. Es ist letztendlich aber auch wieder eine Frage des persönlichen Geschmacks ob man denn diese Weine, oder die rassigen Weine des Vorgängerjahrgangs bevorzugt.

Nun zu den Notizen. Natürlich war es unmöglich alle Weine zu probieren, und deshalb wurden natürlich viele Weingüter vergessen, wahrscheinlich auch einige mit aussergewöhnlichen Weinen. Auch habe ich einige Regionen wieder mal komplett ausgelassen. Mosel, Saar und Mittelrhein, bitte verzeiht mir! Aber vor allem von Saar und Mosel hört man nur Gutes – dort könnte es sich wahrlich um einen Kometenjahrgang handeln, aber das werden wir an anderer Stelle klären.

Weinboerse

Nahe

Richtig gut, da bin ich mit dem Captain einer Meinung, sind die Weine von Schäfer-Fröhlich. Sponti Nasen, Mineralität und Frucht fügen sich in jedem Wein auf neue Art perfekt zusammen. Der Vulkangestein Riesling erchien fast salzig am Gaumen, wogegen der Schiefergestein demselben Bild noch eine fruchtige Note hinzufügte. Brilliant die beiden Felseneck Spätlesen: Insbesondere die Goldkapsel erschien wie der Inbegriff der Reinheit – Riesling pur und glockenklar.

Bei Gut Hermannsberg ist dem rassigen Portfolio des letzten Jahrgangs eine sehr harmonische, fruchtbetonte Kollektion gefolgt, mit schöner Aromatik und guter Balance. Das Weingut verwendet übrigens grösstenteils Reinzuchthefen – Sponti-Noten wird man hier nicht finden, dafür viel Spaß and der Frucht. Diese Weine werden vielen gefallen!

Die Weine des Schlossgut Diel liessen mich dagegen etwas ratlos. Der Nahestein Riesling, einer meiner Favoriten des Jahrgangs 2009, war fast zu substanzarm für meinen Geschmack, wogegen der Dorsheimer Riesling leicht und mineralisch daherkam. Der Eierfels zeigt sich sehr aromatisch, aber auch mit ein bisschen Hitze und einen aufgesetzt wirkenden Zuckerschwanz – nicht ganz mein Fall. Aber das soll kein abschliessendes Urteil darstellen.

Bei Tesch war der Unplugged Riesling nicht ganz mein Fall, aber die beiden Premium-Rieslinge Laubenheimer Krone und Karthäuser gefielen mir sehr gut, waren stoffig, energiegeladen und dabei sehr harmonisch!

Rheinhessen

Rheinhessen habe ich sträflicherweise sehr hastig durchquert, denn es wird auch von dort mal wieder viel Gutes berichtet.

Beim Weingut St. Antony war der Rheinschiefer wieder das prachtvolle Steckenpferd das es immer ist und zeigt die warme Frucht des roten Hangs gepaart mit der typisch herben Mineralik der Lage. Für etwas weniger als 10 Euro eine absolute Bank. Kann man jetzt-trinken, aber auch weglegen – die Alterungsfähigkeit dieses Weins habe ich schon mehrmals erlebt. Freuen sollte man sich übrigens auch auf den Pettenthal Riesling, den ich auf einer anderen Veranstaltung schon vorkosten konnte – ein dezenter Holzeinsatz verleiht ihm eine ausserordentlich Eleganz.

Anschliessend besuchte ich noch das Weingut Wagner-Stempel, welches eine hocharomatische Kollektion vorstellte. Die Basisweine zeigten sich dabei alle sehr füllig, mit generöser Frucht. Auch die Scheurebe trocken zeigte sich mit fast süßer Frucht -was vielleicht nicht jedermann’s Erwartung entspricht – aber auch mit schöner Würze. Eine nette Anis-Note verleiht dem Wein dann noch einen zusätzlichen Kick. Wieder gut gefiel mir auch der Siefersheimer Riesling vom Porphyr, straff und mineralisch, zugleich aber auch mit schöner Frucht.

Rheingau

Viel los war bei Josi Leitz, dessen Kollektion ja eigentlich jedes Jahr in den Himmel gelobt wird. Ich bin wegen des Andrangs gleich zu den Lagenweinen übergegangen und war zufrieden mit meinem Schluck Rüdesheimer Berg Rottland, der Frucht und Power vereint, aber auch irgendwie sehr ziseliert und filigran erscheint. Gelungen!

Bei Balthasar Ress schenkte Betriebsleiter und Obersuperweinblogger Dirk Würtz persönlich ein und kann zu Recht stolz sein auf die neuen Weine. Sie haben allesamt eine schöne Sponti-Ausprägung, erscheinen knochentrocken aber dann auch nicht ganz so, dass es weh tut. Gleichwohl behalten diese Weine einen typischen Rheingauer Charakter wie ich finde. Ein frischer Wind, der dem Rheingau bestimmt gut tut. Besonders gut gefallen hat mir der “Von unserm S“, eine Art Rheingauer Von der Fels im Sponti-style wenn man so will. Werde ich mir eventuell zulegen.

Auch gefallen haben mir die Weine vom Weingut Spreitzer. Ein wahres Rheingauer Vorzeigeweingut mit saftigen Rieslingen die eine schöne Balance vorweisen, teilweise spontan (Doosberg Kabinett trocken), teilweise mit Reinzuchthefen (Lenchen Kabinett trocken) vergoren. Wer den Inbegriff des saftigen Rheingau Rieslings probieren möchte, kann bedenkenlos hier anfangen!


Neues bei Künstler, bald auch trocken erhältlich

Auch die Weine von Künstler konnten mich überzeugen, die ich dieses Jahr sehr typisch für den Stil des Weingust fand. Sehr harmonisch und ausbalanciert, aber wie so oft bei Künstler werden auch diese Weine ein paar Monate brauchen um zu strahlen.

Beim Weingut Robert Weil gab es derweil wieder eine grandiose Süsswein-Orgie mit der Gräfenberg TBA als Krönung. Getrocknete Aprikose in konzentrierter, fast übernatürlicher Form, aber eben nicht trocken!


Aprikosen sind türkis!

Pfalz

Von den 3 grossen B’s habe ich nur bei zweien probiert. Bei Reichsrat von Buhl gefiel mir der Deidesheimer Herrgottsacker mit seiner schlanken, straffen und mineralischen Art. Aus dem Jahrgang 2010 gab es einen schönen Forster Pechstein, der sich ebenfalls straff zeigte aber auch mit schön exotischer Frucht und guter Länge.


Mal wieder bewiesen: So gut kann Riesling reifen!

Am Stand von Dr. Bürklin-Wolf  gefielen mir der Gutsriesling und der Wachenheimer Orts-Riesling, beide mit schöner Frucht und guter Säure-Balance, zwar beide nicht so rassig wie die 2010er, aber schon irgendwie in einer ähnlichen Stilistik. Wachenheimer Böhlig und Gerümpel P.C. setzten dann noch eine Schippe drauf.
Als absolutes Schmankerl gab es dann aber noch einen Grand Cru Hohenmorgen aus dem jahr 1999: Was für eine unglaubliche Frische! Petrol, Frucht und Mineralik als erfrischender Gaumen-Tsunami.


Typische Kuhn Stand-Deko

Philipp Kuhn’s Weinen hat man die Abstiegstrauer um den FCK zum Glück nicht angemerkt. Der Laumerhseimer Weisburgunder “Vom Kalksteinfels” zeigt sich cremig, voll, aber dabei auch frisch und mit schöner Würze, der Holzeinsatz ist hier sehr gut gelungen. Der Riesling Vom Kalksteinfels zeigt sich schön frisch und mineralisch. Der 2010 Burgweg GG ist ein echter Pfälzer, mit mürber Rieslingfrucht, barock aber auch kraftvoll und mit schöner Länge.

Ansonsten hab ich meinen Spaß mit dem 2009er Spätburgunder S trocken von Ökonomierat Rebholz gehabt, wunderbar reif und ruppig, nicht auf modern getrimmt!

Franken

Ich hatte mir vorgenommen auf der diesjährigen Weinbörse ein paar mehr Sachen aus Franken zu probieren. Mein erster Anlaufpunkt war der Stand vom Zehnthof Luckert, auf deren Weine ich letztes Jahr durch das Angebot eines Online-Weinhändlers aufmerksam geworden bin. Eine Magnum Blauer Silvaner hat dann zu Neujahr allen super geschmeckt. Und auch alle Silvaner aus 2011 haben mir sehr gemundet. Sie erscheinen herb und mineralisch und sind je nach Bodentyp verschieden ausgeprägt, mal salziger, mal fruchtiger. Vor allem der Sulzfelder Silvaner trocken Alte Reben aber ist ein echtes Prachtexemplar.

Uli Luckert
Der sympathische Uli Luckert

Bei Kultwinzer Horst Sauer hat mir der Escherndorfer Lump Silvaner Kabinett trocken gut gefallen wogegen die trockene Spätlese mir für meinen Geschmack etwas zu restsüß erschien. Bei Bickel-Stumpf gefiel mir der Kappelenberg Silvaner trocken am besten, zeichnet er sich doch durch eine wunderbare Balance aus.

Bei dem sympathischen Vater-Sohn Gespann von Schmitt’s Kinder gab es neben ansprechenden trockenen Silvanern eine bombastische 2009 Rieslaner Beerenauslese aus der Lage Randersackerer Sonnenstuhl. Strahlende exotik mit einer Nase bei der mir das Wasser im Munde zusammenläuft. Süssweinliebhaber sollten sich das nicht entgehen lassen.

Fuerst Centgrafenberg
Fürstlich!

Das Weingut Fürst präsentierte vor allem die Rotweine für die es berühmt ist, doch auch der Silvaner mineral gefiel mir mit seiner frischen mineralisch Art. Danach konnten die Roten restlos überzeugen. Der 2010 Spätburgunder Tradition ist ein harmonischer, reifer Wein und kommt dem exzellenten 2009er schon sehr nahe. Das Highlight war dann der 2009er Centgrafenberg Spätburgunder GG, der Power und Eleganz perfekt vermählt und noch ganz am Anfang einer langen Entwicklung steht. Auch die typischen dezenten Röstnoten (ganz leicht wie frisch getoastetes Toastbrot) vom Fass fügen sich schön ein.

Ahr

Ja, ich war dieses Jahr generell sehr neugierig auf die Rotweine, denn der 2009er Hype um die Spätburgunder ist meiner Meinung nach berechtigt. Man muss aber unbedingt hinzufügen, dass  auch andere Jahrgänge, wie zum Beispiel 2008 viele Gute Rotweine hervorgebracht haben.

Nelles Weine
Farbig, und intensiv!

An der Ahr angefangen habe ich beim Weingut Nelles, das in der Stilistik gerne das Verführerische, das fruchtige im Wein hervorhebt, dabei aber nie in Kitsch verfällt. Sehr verlockend wirkt schon der 2009 Madeleine, also der Frühburgunder ds Guts, gleichwohl auch ein sehr zugänglicher Wein. Auf die Spitze treibt es aber das 2009 GG Landskrone, das eine hammermässig verführerische Nase vorweist und am Gaumen durch seine weiche und süße Art, aber auch durch Würze überzeugt.

Jean Stodden
Ein zufriedener Jean Stodden

Beim Weingut Jean Stodden finde ich den einfachen 2010 Spätburgunder trocken sehr überzeugend, mit einer wahrlich strahlenden Nase mit viel Frucht, auch am Gaumen glänzt die Frucht, ohne aber den Wein süß wirken zu lassen. Der 2009 Recher Herrenberg Spätburgunder ist ein ruppig-fruchtiges Monument, das sehr tief und komplex wirkt, aber auch noch ein paar Jährchen braucht.

Baden

auch in Baden lockt der Spätburgunder.

Bei Pinot-Meister Huber bin ich verliebt in den 2009 Spätburgunder alte Reben, der eine schöne Balance und ausreichend Substanz vorweist, und auch ein etwas ruppiges Rückgrat fehlt hier nicht. Für unter 30 Euro wohl ein guter “Pick”. Beim 2009 Bienenberg GG schmeckt man das Faß – der Wein hat eine leichte Karamellsüße, eine schöne Fülle und ebenfalls genügend Rückgrat. Als Highlight gab es auch den 2009 Wildenstein “R”, der im Handel bei über 100 Euro liegt. Er wirkt momentan wie eine Spätburgunder-Essenz mit viel Tannin, ein Wein mit sehr viel Potential!

Hervorzuheben sind auch unbedingt die Spätburgunder von Salwey aus Oberrotweil, zu denen ich leider keine Notizen habe, die mir aber trotzdem im Gedächtnis geblieben sind als unglaublich harmonische und ansprechende Weine, durch die Bank.

 

So, das war’s auch schon. Zu beachten ist natürlich, das all diese Notizen nur als Grunderkenntnisse eingestuft werden können, und ich diese auch selber nur als solche nutze. Denn im Verlauf des Jahres sammelt man immer wieder kleine Puzzleteile, verändert bestehende Urteile, freut sich über unerwartete Entwicklungen eines Weins und das Gesamtbild ändert sich dann immer mit.

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