Die Projekte des Feinkost-Unternehmers Meyer sind in Frankfurt eine Bank, aus gastronomischer Sicht versteht sich: Ob Catering, Restaurant, der Feinkost-Laden in der Fressgass oder halt das Holbein’s.
Letzeres ist seit etwas mehr als einem Jahrzent zwischen zwei Flügel des Städel-Museums eingenistet, geschützt durch eine kolossale Glasfront und Säulenkonstruktion. Es gehört zu diesem Typus städtischer Restaurants, die man ebenso in Geschäftsmetropolen wie New York oder Shanghai finden kann. Ein Business Restaurant mit einem gewissen Flair, in das man ebensogut als Privatgesellschaft oder mit einem Date gehen kann. Es kann zwar auch laut werden, in diesem Fall oft mit dem angenehmen Klang hallender live-Pianomusik als Beimischung, doch das Holbein’s zeichnet sich vor allem durch seine kulinarische Verlässlichkeit aus.
Denn das ist was mir hier immer wieder auffällt: Kaum ein anderes Restaurant dieser Kategorie, und dabei denke ich über den Frankfurter Raum hinaus, kann solch ein Beständigkeit in Handwerk und Qualität vorweisen. Hier fällt in jedem Gang auf, dass Techniken und Garpunkte zelebriert werden. Wenn ich überlege, wie viele Azubis hier ein ordentliches Rüstzeug für Ihre Laufbahn mitbekommen haben müssen: Ich ziehe proforma den Hut.
In Sachen Preis spielen die Meyer Restaurants natürlich auch in der Business-Liga. Mit 100 Euro pro Kopf muss man bei einem ausgedehnten Essen schon rechnen. Doch wie gesagt: Das Verhältnis Preis zu Qualität ist über die Jahre hinweg beständig und man weiss worauf man sich einlässt, und was man für sein Geld bekommt.
Was die Karte angeht. Im Grunde hat sich in den letzten 10 Jahren die Ausrichtung nicht grossartig verändert. Durch die Hereinnahme des Sternekochs Lohninger im vergangenen Sommer wurden dennoch einige neue Akkzente hereingebracht, die sich aber vor allem im Detail zeigen: Miso-Lachs zum Beispiel, das ist eine Paradedisziplin des Kochs der auch seine Stationen in New York hatte, und zwar zu einer Zeit in der das Nobu in aller Munde war ( der berühmte Black Cod mit Miso: Ein Gericht, das es auch in Lohningers Stammrestaurant in der Schweizerstrasse in ähnlicher Ausführung gibt). Dann zum Beispiel die Garung der Jakobsmuscheln, sie trägt auch deutlich die Signatur des Meisters. Ich würde sagen: Lohninger bringt mit seinen Ideen auf jeden Fall frischen Wind mit in die Karte, aber das Grundkonzept des Restaurants ist das gleiche wie eh und je. Moderne Klassiker werden hier schon immer serviert, und diese sind nun halt etwas durch Lohninger’s Handschrift geprägt.
Übrigens ist nun auch ein Sushi-Chef mit An Bord, der von Dienstag bis Samstag die urbanen Gaumen verwöhnt. Eine Kostprobe seines Handwerks blieb mir deswegen an einen Montag Abend verwährt. Dafür hatten wir alle unsere leckeren 3 Gänge. Hier meine Teller:
Karamelisierte Jakobsmuschel, Feldsalat, Rosinen-Kapern-Sauce – Typisch Lohniger: Das Muschelfleisch zigfach eingekerbt und knusprig karamelisiert, innen jedoch noch glasig und zart. Ausserdem sehr gute Produktqualität, sprich: Super Geschmack. Die Sauce gefällt mir sehr gut: Die Süße der Rosinen und die Säure der Kapern passen verdammt gut zu den Muscheln, ein Hauch Senf ist auch schmeckbar. Hatte ich so noch nie zu Jakobsmuscheln. 1A. Als einziger Streitpunkt bleibt die Portionsgröße.
Gebratener Seewolf, Braune Butter, Spinat-Kartoffel Fond – Auch hier ist alles sehr gut gegart und die Sauce schmeckt. Vielleicht ist das Gericht insgesamt etwas unkreativ, aber ich hatte es ja so bestellt.
Als Weinbegleitung hat uns ein 2011 Schieferterassen Riesling von Heymann-Löwenstein (39 €) entzückt. Der Wein ist noch besser als ich ihn in Erinnerung hatte. Opulent mit Frucht aber auch herben und teils bitteren Kräuteraromen, sowie eine geniale Note nach weissem Pfeffer. Rieslinggewordener Veltliner?
Käsedessert “süß & salzig”: Maroneneis, Sauerrahmeis, Quitte, Ziegenkäse “Vallée d’Aspée” – Mamma mia. Ein Dessert ganz nach meinen Geschmack. Da greift wirklich ein Geschmacksrädchen in das nächste. Und zu dem Moselwein hat das auch noch perfekt gepasst.
Das Holbein’s hat es wieder geschafft. Hier sollte man nicht hingehen um Sterneküche zu erwarten, selbst wenn die Preise in diese Richtung deuten. Man sollte moderne, handwerklich saubere Küche im Ambiete einer Großstadt-Brasserie erwarten und man wird einen wundervoll genußreichen Abend verbringen, ob für Business oder mit Freunden.
Holbein’s Restaurant
Holbeinstrasse 1
60596 Frankfurt
Tel: (069) 66 05 66 66
Öffnungszeiten:
Di-So: 10:00 bis 24:00 Uhr
Mo: 18:00 bis 24:00 Uhr
Noch ein paar Impressionen: