Mainzer Weinbörse (Symbolbild aus den Vorjahren)
Alle Jahre wieder lockt die Weinbörse – DAS Event, wenn es um hochwertige deutsche Weine geht und um eine erste Bewertung des neuen Jahrgangs. Letztere entpuppt sich wie immer als sehr schwierig, da viele Weine noch in einem sehr jugendlichem Stadium sind, zum Teil noch als unfiltrierte Fassproben eingeschenkt werden, oder gar noch im Weingut liegen und Blubbern.
Dementsprechend fällt mein erstes Urteil zum 2012er Jahrgang bewusst vage aus: Mein Eindruck war, dass wir uns irgendwo zwischen 2011 und 2010 bewegen, wobei in manchen Gebieten, bei manchen Winzern die schlanken, rassigen Weine überwiegen, bei anderen die Frucht eine größere Rolle spielt. Eine vitale Säure findet sich aber in fast allen Weinen.
Auffallend war für mich, dass der Rheingau sich immer schärfer konturiert, sich langsam wieder aufbäumt, um den Shooting Stars aus Rheinhessen und Nahe wieder Paroli zu bieten. Ein gesunder Wettbewerb, der im Idealfall dazu führt, dass die Terroir-Unterschiede Messerscharf herausstechen und wir alle diese Vielfalt in allerhöchster Qualität genießen können.
Ein anderes Thema ist die neue VDP Qualitätspyramide, die noch nicht bei allen Weingütern komplett verinnerlicht wurde. So finden sich noch einige trockene Lagenriesling unterhalb des Großen Gewächs Bereichs. Hier bin ich gespannt, wie schnell sich das in den nächsten Jahren einpendelt.
Doch nun zu den Notizen. Wie immer habe ich nur einen Bruchteil aller Weine probieren können. Viele namhafte und weniger namhafte Weingüter habe ich links liegen lassen müssen. Aber zum Glück bin ich nicht der einzige, der über Wein schreibt. Eine Linkliste mit anderen Weinbörsen-Berichten habe ich am Ende des Postings eingefügt.
Franken
Nur bei Benedikt Baltes vom Weingut Stadt Klingenberg habe ich in Franken halt gemacht. Aber dieser Halt hatte es in sich. Wunderbar, der 2012 Klingenberger “R” Blanc de Noir trocken. Ein unglaublich aromatischer Wein mit viel Grapefruit, Orange und Mandarine, dabei mit toller Frische. Ein “Must Have” für mich.
Aus dem Jahr 2011 gab es dann noch einen Schluck Klingeberger “R” Spätburgunder trocken. Ich musste spontan “roter Riesling” denken, da dieser Spätburgunder fast zitrusartige Noten enthält und dazu noch mit packender Mineralik geladen ist. Ein sehr überzeugender Wein.
Nahe
Bei den Jungs vom Gut Hermannsberg gab es wieder einige spannende Rieslinge. Sehr gut gefallen hat mir der Schlossböckelheimer Riesling, der zu 100% aus der Kupfergrube stammt. Er gibt sich schlank, dabei aber ungemein würzig und besticht durch eine schnörkellose Geradlinigkeit.
Die Weine von Kruger-Rumpf haben wie immer eine große Trinkigkeit, vereinen pralle Frucht mit Struktur und Tiefe. Ein sehr schönes Beispiel ist der Münsterer Pittersberg, der neben schöner Riesling-Frucht auch eine leichte Rauchigkeit preisgibt und so sein Schiefer-Terroir sehr schön widerspiegelt. Der Kappellenberg stellt das Konterpart vom Quarzit-Boden dar und beweist eindrucksvoll, wie gut dem Winzer das “Einfangen” der Lagenstilistiken gelingt. Die beiden Weine sollte man unbedingt nebeneinander probieren.
Der Monzinger Halenberg von Emrich-Schönleber zeigt viele Facetten: Rauchigkeit, Würze, Mineralik, auch etwas Alkohol-Dampf, eine leichte Bitternote und eine schöne Länge. Ein Charakter-Riesling, den ich gerne in einem späteren Stadium erneut probieren möchte.
Zu den Weinen von Dönnhoff notiere ich mir ganz groß das Adjektiv “griffig”. Klingt positiv, ist aber auch keine präzise Aussage. Da muss ich wohl noch irgendwann nachprobieren und bessere Notizen machen.
Bei Schäfer-Fröhlich bin ich vor allem beim Schiefergestein Riesling hängen geblieben: Sponti-Nase, Salzigkeit, nur die Säure erscheint mir etwas unpräzise. Auf jeden Fall aber hat der Wein eine schöne Länge. Dennoch frage ich mich ob die Weine von Tim Fröhlich dieses Jahr etwas weniger kompakt und scharf konturiert sind?
Martin Tesch vom gleichnamigen Weingut macht einfach konsequent sein Ding. So wie die Kontraste zwischen den Kapselfarben, sind auch die Kontraste der Lagen und Terroirs in den Weinen immer sehr deutlich zu erkennen. Der Königsschild sticht für mich als der ausgewogenste und elegantere Wein durch, doch gut sind sie irgendwie alle.
Rheinhessen
Bei Battenfeld-Spanier sind alle Riesling von Anfang bis Ende gelungen. Eisbach, Hohen-Sülzen und Mölsheim sind hier Garanten für anspruchsvollen Riesling-Genuß
Im Weingut Gunderloch gibt Sproß Johannes ein Stück von sich zum Besten. Es handelt sich um einen Riesling vom roten Hang, der teilweise in der Amphore vergoren wurde. Ein Wein, der es schafft die Balance zwischen unkonventionell und traditionell zu halten. Sehr spannend auch der Silvaner X.T. bei dem sich das Praktikanten-Team in Weinberg und Keller austoben durfte. Ein stoffig, kräftiger Silvaner, der dennoch ausgewogen erscheint.
Bei Daniel Wagner vom Weingut Wagner-Stempel ist der Siefersheimer Riesling, auch “Porphyr” genannt, dieses Jahr ungewohnt karg und schlank-mineralisch geraten, bietet so aber ein noch erfrischenderes Trinkvergnügen. Auch der Gutsriesling zeigt sich, wie schon bei der Tatort und Blutwurst Probe beschrieben, erfrischend karg und mit einer aspirin-artigen Mineralität. Wiederum entgegengesetzt dann der Silvaner, aber dieser ist noch nicht filtriert gewesen und hat vielleicht gerade deswegen eine tolle Cremigkeit am Gaumen. Auf jeden Fall mal wieder eine spannende Sammlung bei den Wagners.
Pfalz
Beim Premiumlagengroßbetrieb Dr. Bürklin-Wolf sind wieder strahlende Rieslinge gelesen worden. Sehr überzeugend finde ich den Wachenheimer Böhlig PC, der pralle Pfälzer Frucht mit einer tollen Struktur vereint.
Bei den” FCK-Ultras” vom Weingut Philipp Kuhn bin ich vom Weißburgunder “Vom Kalksteinfels” sehr angetan. Dieser verbindet Üppigkeit mit Frische und zeichnet sich auch durch eine dezente Würze aus – Pfälzer Weissburgunder “à la Bonheur”.
Sehr überzeugt hat mich auch die konsequente Handschrift des Weinguts Kranz, das nun zum zweiten mal bei der Weinbörse dabei ist. Jeder Wein scheint kompromisslos seine Böden zu widerspiegeln. Da es sich vornehmlich um Kalkböden handelt, sind sehr karge, frische Weine zu probieren, die fast etwas “unpfälzisch” wirken. Sehr schön, neben den Rieslingen, auch der Sylvaner “Vom Ton”, der durch eine schöne Würze besticht. Aus 2011 zeigt das Grosse Gewächs Kalmit, was der Riesling hier kann: Gelbfruchtig – kalkig – griffig – lang. Und für 25 Euro ein gutes PLV im GG Bereich.
Saar
Im Gebiet Saar habe ich nicht allzu viel probiert. Die Weine von Florian Lauer waren aber ein Volltreffer. Die gesamte Kollektion ist einfach nur grandios, mit tollem, präzisen Frucht-Säure Spiel und schönem Tiefgang in allen Weinen.
Bekannte Gesichter. Immer wieder auf den wichtigen Weinveranstaltungen anzutreffen sind die beiden Jungs von der Heimat (Weinbar und Restaurant) in Frankfurt. Unermüdlich sind sie in sachen Genuß unterwegs und wenden dafür stets die 2-Gläser-Technik (Ein Probierglas, ein Spuckglas) an, um zügiger durch die Messe zu kommen. Clever.
Rheingau
Auch bei P.J. Kühn von vorne bis hinten gelungene Rieslinge. Vor allem der Hendelberg hat es mir hier angetan. Ein straffes Mineralitätspaket, das auch eine gewisse Langlebigkeit zu versprechen scheint.
Das Weingut Künstler überzeugt mit seiner vergrösserten Kollektion, die seit einem Jahr auch Rüdesheimer Weine enthält. Der Rüdesheimer Berg Roseneck Riesling Kabinett trocken (Übrigens: Weder ein Orts- noch ein Gutswein, auch kein GG – ein Relikt alter Klassifikationen also – und das ist noch bei einigen Winzern so zu sehen) besticht durch eine tolle Balance. Mein Favorit ist jedoch der Hochheimer Stielweg Riesling trocken, (VDP Erste Lage in diesem Fall) der sich schlank, mineralisch und sehr direkt gibt und mit Sicherheit ein schönes Alterungspotential hat.
Bei Josef Spreitzer sind gleichwohl Moderne und Tradition im Sortiment zu finden. Der Oestricher Doosberg Alte Reben hat dezente Sponti-Noten und gibt sich als eleganter, schlank-mineralischer Riesling. Der “101” stellt den Archetyp des klassischen Rheingau-Rieslings, mit praller Frucht und rassig-pikanter Säure.
Bei Balthasar Ress dann zunächst ein Wein zum wach werden. Der “Von Unserm” ist mit seinen 2 Gramm Restzucker so kompromisslos trocken, dass es einen aus den Socken haut. Dabei zeigt dieser eine angenehme duftig-würzige Nase. Der Rüdesheim Riesling trocken, ein Ortswein der zu 100% aus der Lage Berg Rottland entstammt (Bei Ress wird die neue VDP Pyramide “kompromisslos” angewandt), hat nur 1 Gramm Restzucker mehr, erscheint aber deutlich fruchtiger. Ein schöner Wein mit guter Balance.
Bei August Kesseler zeigt sich der Rüdesheimer Riesling trocken leicht und grazil mit guter Balance. Der Lorcher Schlossberg als VDP. Erste Lage ist ein voller aber auch straffer Repräsentant seiner Herkunft. Natürlich gab es bei dem Rheingauer Meister der Spätburgunder auch rote Weine zu kosten. Die 2011 Cuvée Max erscheint kompakt, wie aus einem Guß, mit reiner Frucht und einer verblüffenden Eleganz – ein Pinot, den ich als “französisch” beschreiben würde, der ohne “verbrannte” Noten auskommt.
Und wo wir gerade bei Pinots sind. In den “Katakomben” der Rheingoldhalle wurde speziell für eine asiatische Weinjournalistin eine Degustation deutscher Spätburgunder vorbereitet. Da die Dame noch genügend Wein übrig ließ, kamen wir in den Genuß einiger schöner Tropfen.
Die absolute Krönung war hier ein 2009er Wildenstein “R” von Huber. Ein Wein mit wilden, fast animalischen Noten, die sich aber in perfekter Symbiose mit schöner Pinot-Frucht vereinen. Eine vollkommene Erscheinung mit präziser Struktur, toller Präsenz und schöner Länge. Geht deutscher Pinot besser?
Bekannte Gesichter, die Zweite. Eine Weinhoheit und ein Weinagent treffen sich in den Katakomnben der Rheingoldhalle. Die Weinbörse hat auch was von Politthriller.
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