Roséwein wird vom sogenannten “Weinkenner” generell ja etwas stiefväterlich behandelt. Das liegt wohl daran, dass er oft nur als Beiprodukt der Weinherstellung, quasi als unreine Rebsorten-Verschandelung gesehen wird, oder seine Existenzberechtigung nur zu Oliven und Tapas, als Aperitif auf der Sonnenterrasse zugesprochen bekommt.
Aber wahrscheinlich liegt diese Unbeliebtheit auch einfach an der Qualität, die bei den meisten Rosés zu wünschen übrig lässt. Es gibt Sie aber, die anspruchsvollen Rosés, doch sind sie fast auf einer Hand aufzuzählen. Spontan fallen mir da die südfranzösischen Rosés der Domaines Ott, oder vielleicht jene von Pibarnon ein. Zu nennen wären natürlich auch die zahlreichen hochwertigen Rosé-Champagner. Aber das war’s dann auch schon fast mit dem Glanz.
Aus Deutschland kommt da herzlich wenig. Sinnbildlich kündigt hierzulande auch das Unwort “Weissherbst” die zu erwartende Gaumenvergewaltigung warnend an, und nur wenige Rosés kommen über das Cliché des Terrassenweins hinaus, wie zum Beispiel der 2010 er Rosé “Clarette” von Knipser, den es für unter 10 Euro gibt, und dafür eine tolle Frische und Aromatik bietet.
Doch die Weinentdeckungsgesellschaft hat dieses Manko erkannt, und verspricht mit Ihrer dritten Entdeckung alles getan zu haben um zusammen mit Vorzeigewinzer Friedrich Becker den ersten deutschen Spitzen-Rosé zu kreieren.
Milch von der rosafarbenen Kuh?
Dafür wurden Spätburgunder-, Cabernet– und Dornfelder-Trauben, zum Teil aus GG-Lagen gelesen und per Saignée-Methode gewonnen, getrennt vergoren und zu guter letzt cuvetiert. Auch wurde ein Teil der Cuvée sogar in einem Fass aus dem Bestand der Domaine des Comtes Lafon vergoren: Für die einen ist das übertriebener Perfektionismus, für andere das notwendige Sahnehäubchen.
Doch die große Besonderheit dieses Rosés liegt letztlich in der kompromisslosen Ausführung von Anfang bis Ende. Der Wein wurde ungefiltert abgefüllt und ist so mit all seinen “Nährstoffen” auf die Flasche gekommen. Der Hefesatz, oder die Feinhefe (“Lie”) ist in der transparenten Flasche schön zu sehen: Der Wein zeigt sich trüb, fast milchig. Einfach grandios!
Grandios vor allem, weil die starke Säure des 2010er durch die Hefe einen zähmenden Puffer erhält, aber auch ein Plus an geschmacklicher Tiefe. Ja, dieser Wein beeindruckt vor allem durch seine Struktur und Textur, die Kontraste die durch Säure und Hefe entstehen. Es geht um das Mundgefühl. Am Gaumen erscheint dieser Rosé dadurch irgendwie zwischen Kreissäge und Marshmallow, äusserst spannend und fordernd. Klar, der Wein hat auch eine schöne Duftigkeit und wie ich finde auch eine leichte Mineralik, aber es ist wirklich diese Achterbahnfahrt der Geschmacksknospen bei jedem Schluck, die diesen Wein ausmacht. Er wird sich auch noch entwickeln, er wird besser werden. Wie bei einem Champagner, der Jahrelang auf der Feinhefe liegt, wird auch dieser Rosé davon profitieren, tiefgründiger werden, aromatischer..
Säure vs Feinhefe, Rosé vs Abenddämmerung
Da haben Carsten Henn und Fritz Becker Junior ganze Arbeit geleistet. Ich werde jetzt natürlich nicht bezeugen können, dass es sich hier um den besten deutschen Rosé handelt, aber er gehört auf jeden Fall zu den originellsten. Und es sind letztendlich diese kompromisslosen Weine, diese Unikate, die ich am liebsten im Keller habe.
Es gibt aber noch einen Grund, der diesen Rosé zu einem Spitzenwein macht: Seine Einsatzmöglichkeiten als Essensbegleiter. Wo andere Weine vielleicht scheitern, kann dieser Rosé getrost eingesetz werden.In meinem Kopf schwirrt da ein extrascharfes indisches Curry-Gericht, mit einem Haufen Koriander – das werde ich bestimmt bald ausprobieren!
Ob es diesen Wein noch zu kaufen gibt, weiss ich übrigens nicht. Die letzten beiden Weinentdeckungen wurden auf jeden Fall auf der Website als ausverkauft gemeldet.
PS: Auch berichtet über den Wein hat der Schnutentunker,