Obwohl es auf diesem Blog keine Posts dazu gibt, sind mir die Rieslinge vom Weingut von Racknitz schon 2-3 mal begegnet. Immer habe ich Sie als angenehm trocken empfunden, nicht ganz knochentrocken, aber auf jeden Fall ziemlich trocken, und schön mineralisch.
Von Racknitz ist an sich gleichermaßen ein altes und ein junges Weingut. Alt, weil das Gut ehemals zum Kloster Disibodenberg gehörte und somit seit Jahrhunderten Wein anbaut, und jung, weil es erst im Jahr 2003 von Luise von Racknitz-Adams und Matthias Adams übernommen wurde. Aufgefallen ist mir, dass trotz dieser Jugend ein paar auffällig hochpreisige Weine im Angebot zu finden sind. Diese Niederhäuser Hermannshöhle zum Beispiel wird für 29 Euro angeboten und bildet so die Spitze des Sortiments. Klar, immer noch günstiger als die Hermannshöhle von Hermann Dönnhoff, die es als GG für fast 40 Euro zu kaufen gibt. Aber Dönnhoff ist halt Dönnhoff, ein etabliertes Spitzenweingut und Von Racknitz muss damit leben, dass bei 29 Euro die Erwartungshaltung schon ziemlich hoch ist.
Aber wer weiß, vielleicht denke ich ja völlig verkehrt und es stellt sich heraus, dass diese Hermannshöhle das absolute Schnäppchen ist, sozusagen die Hammeralternative für alle die sich Dönnhoff nicht leisten wollen. Mal sehen. Die in der folgenden Notiz beschriebene 2009er Hermannshöhle haben wir über mehrere Tage verkostet.
Der Wein schimmert gelbgolden im Glas. In der Nase erscheint er leicht rauchig aber auch mit Aromen von Apfel und Pfirsich. Eine intensives Bouquet, das aber nicht erschlägt, sondern einfach sehr elegant daherkommt, auch ein Hauch Kräuter scheint sich beizumischen. Nach zwei Tagen in der offenen Flasche offenbart die Nase dann feinste Feuerstein-Noten. Das gefällt sehr.
Am Gaumen spürt man zuerst eine recht leichte Flüssigkeit, die in etwa das Gegenteil von einer “öligen Textur” darstellt. Fast könnte man sagen, dass der Wein wässrig erscheint, doch es kommt hier vor allem eine schöne Klarheit durch, die mit einer großen Ausdruckstärke gepaart ist. Die Mineralik ist grandios, und zeigt sich vor allem sehr deutlich im Finish. Dort dringt auch eine herbe Kräuteraromatik durch, die fast einen Tick zu bitter wirkt. Ab und zu rückt auch der Alkohol in den Vordergrund, aber nicht so, dass es als störend empfunden wird. Sehr ansprechend zeigt sich die Säure, die manchmal im Hintergrund zu verschwinden scheint, um in anderen Momenten aufzutauchen und den richtigen Nadelstich setzt. Nach 2 Tagen in der offenen Flasche (nur Schraubverschluß drauf) steht der Wein immer noch wie eine Eins. Die Bitterkeit im Finish ist ein wenig gewichen, doch immer noch leicht wahrnehmbar. Der Körper erscheint immer noch leicht und glockenklar und ist zudem zugepowert mit herber Mineralik. Im Abgang zeigt sich nun eine leichte Anis-Süße.
Ein mehr als spannender Wein, der immer noch sehr jugendlich erscheint und bestimmt in ein paar Jahren noch mehr zeigen wird. Dass er seinen Preis wert ist, hat er auf jeden Fall bewiesen. Interessant wäre es wohl, ihn in einer Blindprobe von Grossen Gewächsen der Nahe unterzubringen, obwohl er es mit seinem federleichten Körper nicht unbedingt einfach haben wird. Dieser Wein reflektiert eine gewisse Art des Understatement. 91 Punkte.