Château Pédesclaux, ein 5ème GCC aus dem Pauillac, wurde nach den Primeurverkostungen überraschenderweise vom Decanter-Magazin als besondere “Value” gekürt („Fifth growth Chateau Pedesclaux gets five stars, as do such eminent properties as Brane-Cantenac, Pichon Longueville and Rauzan-Segla“). Daraufhin schossen die Preise dieses Mauerblümchen-Châteaux folgerichtig in die Höhe; jedoch nicht ganz so hoch wie die der prestigeträchtigen Nachbarn, und so konnte ich dann auch in den Genuß dieses Tropfens kommen.
Nach dem „Pop and Pour“ muß natürlich erstmal die Farbe die Kontrolle bestehen: Elegantes dunkles Bordeauxrot, leicht Purpur werdend zum Rand, keine große Brillanz, aber dennoch alles in der Norm soweit.
Die Nase zeigt sich erst dezent: Etwas Cassis, Leder, leichte Fass-Vanille, Vielleicht ein paar rote Früchte. Am Gaumen, fällt trotz seidiger Textur, roten Früchten, etwas Leder und Würze auf, dass der Wein Struktur und Konzentration vermissen lässt. Die Gerbstoffe, die im Jahrgang 2005 doch im Überfluss vorhanden sein sollten sind hier scheinbar vollkommen verschwunden, was mir schon ziemlich merkwürdig vorkommt. Und auch der Nachhall ist eher mittelmäßig. Bis jetzt also ein leichter süffiger Bordeaux, der aber vom großen Pauillac zu dem er vom Decanter gekürt wurde für mich weit entfernt war. Eher leuchtet mir da die Parker’sche Bewertung ein, die erheblich niedriger ausfiel, den Wein gar der Gilde der bedeutungslosen Gewächse zuschrieb.
Doch im Gegensatz zu den Profi-Kritikern habe ich viel Zeit, und gab dem Wein erstmal ein paar Stunden an der Luft damit er zu sich finden konnte. Und siehe da, es kam noch was. Der Wein erscheint auf einmal viel jünger, mit Tannin und vollerem Körper. Zwar kommen mir die Ledernoten jetzt fast etwas zu bitter vor, doch es entwickelt sich gleichzeitig eine ätherische Bleistiftminen-Aromatik die dem Wein etwas Tiefe verleiht. Auch die Nase duftet auf einmal viel aufregender, fast mysteriös nach Bleistift und Lakritz. Dann folgt auch die Struktur: Der vorher leichte Wein hat auf einmal genügend Gewicht und zeigt sich geschmeidig und ausbalanciert. Der Nachhall konnte sich auch noch verbessern und ist auf jeden Fall zufriedenstellend.
Das ist schon unglaublich was so ein paar Stunden Lüften bewirken können, und ich konnte mir auf einmal sehr gut vorstellen wie Decanter und Parker auf so unterschiedliche Einschätzungen kommen konnten. Insgesamt schien mir der Wein schlussendlich ein ordentlicher Pauillac zu sein, der sich mit Sicherheit ein paar Jährchen halten wird. Kein ganz großer Wein, aber durchaus sein Geld wert und 89+ Punkte.