Zu Weihnachten darf es auch gerne mal etwas größeres sein. Warum? Zum einen, weil es einfach schade ist, wenn leckerer Wein nach einmal Ausschenken schon alle ist. Zum anderen, weil das größere Format durch eine langsamere Reifung auch eine gewisse Flexibilität in der Auswahl erlaubt. Als erstes unter den Korkenzieher gekommen ist eine Magnum 2000 Château Paloumey aus dem Haut-Médoc – ein Wein mit relativ hohem (ca 40%) Merlot-Anteil in der Cuvée, der mutmaßlich jeden Gaumen beglücken kann.
Das Kalkül war folgendes: Aus einem hervorragenden Bordeaux-Jahrgang ein ordentliches, aber kein in den Himmel gelobtes Weingut zu wählen, dessen Wein man wohl eher in den ersten 10 Jahren seiner Reifung trinken würde als danach. Im großen Format ist dann die Chance, dass der Höhepunkt überschritten ist, weitaus geringer. Und mit ein bisschen Fingerspitzengefühl in der Auswahl erlebt man einen Wein im optimalen Zustand mit Frucht, abgerundetem Tannin und dem gewissen Etwas an Komplexität.
Und siehe da: Volltreffer! Den Paloumey haben wir hier genau in der richtigen Phase erwischt. Doch es war auch wichtig, diese Flasche über mehrere Tage zu verkosten. Am ersten Tag, nach einigen Stunden Audouzieren (Kork ziehen und offene Flasche im Keller stehen lassen) war das Tannin noch deutlich spürbar, wenn auch angenehm feinkörnig. Die rotbeerige Frucht war hinter dem Tanningerüst als sehr frisch und jugendlich wahrzunehmen. Der Wein ist von mittlerem Gewicht, verleiht dennoch einen wohligen Eindruck von Fülle, ist im Nachhall intensiv und lange präsent. Am nächsten Tag nehmen sich die Tannine etwas zurück, der Wein ist nun in einer traumhaften Trinkverfassung, die Frucht erscheint wie in Seide gehüllt und tertiäre Aromen verfeinern das Geschmacksbild. +; 91 Punkte
Diese Art von “strategischem Wein-Picking” werde ich in Zukunft wohl häufiger ins Auge fassen. Nicht zuletzt weil es ein sehr reichhaltiges Angebot solcher Weine aus der 2., 3. oder 4. Reihe gibt. Spannend ist es zudem, den eher weniger bekannten Namen aus Bordeaux eine Bühne zu geben. Hat irgendwer Geheimtipps für mich?