Schwarzer Afghane und Orange Wine bei Schätzel in Nierstein

Gute Events sprechen sich rum. So wurde nun sogar in der letzten Ausgabe der Weinzeitschrift Vinum ausführlich über den Tatort und Blutwurst Abend im Weingut Schätzel berichtet. Am Tatort-Sonntag wird die zeitversetzte Ausstrahlung des Krimis mit einer spannenden Blindprobe zu wechselnden Themen kombiniert und als Schmankerl gibt es die hausgemachte Blutwurst. An der Reihe war dieses Mal das Thema Orange Wines. Dabei geht es um Weissweine, die wie Rotweine eine Maischevergärung (oder zumindest einige Tage Maischestandzeit) durchmachen und so sehr eigene Geschmacksprofile entwickeln. Bei Orange Wines scheiden sich die Geister: Für manche sind es untypische, gar unsaubere Weine, für andere stellen sie eine wahre Bereicherung und sogar mehr als nur das dar. Insbesondere das blinde Verkosten dieser Weine könnte daher recht aufschlussreich sein. Sind die Rebsorten noch zu erkennen? Und ist das überhaupt noch wichtig? Es war eine Probe auf die man besonders heiss sein musste. Die Überschrift dieses Posts leitet sich übrigens vom Titel des ausgestrahlten Tatorts ab, Schwarzer Afghane.

Die ersten 6 Weine wurden allesamt als Fassproben des neuen Jahrgangs 2012 angekündigt.

2012 Riesling Weingut Knewitz

Schon beim allerersten Wein bin ich verunsichert: Ist es nun Riesling, oder vielleicht doch Silvaner? Erleichtert sehe ich, dass es mehr als nur meinen fragenden Blick in der Runde gibt. Schlußendlich sollte es ein Orts-Riesling des Appenheimer Weinguts Knewitz sein. Die Mineralik ist da, doch die Frucht gibt sich, zumal es sich auch noch um eine Fassprobe handelt, mysteriös.  Man sucht automatisch nach einen Schnipsel Sortentypizität, nach einem Erkennungsmerkmal. Manche haben Ihn gleich als Silvaner identifiziert, ich habe eher zu Riesling tendiert. Jedoch ist diese Erkenntnis letztendlich wohl unwichtig. Viel wichtiger ist doch, dass der Wein schmeckt. Dieser hier gibt sich aber noch viel zu verschlossen.

2012 Pettenthal Weingut Schätzel

Beim nächsten Wein notiere ich Riesling? Auxerrois? Sonstwas? Es ist ein Wein mit knackiger Säure, der anders als die meisten Weine der Probe, zwar eine duftende Nase offenbart, aber am Gaumen ein völlig konträres Gesicht zeigt, das eines  Ultraspontis mit schwefeligen Anklängen. Auch hier deutlich zu erkennen: Der Wein hat Grip, was bei maischevergorenen Weissweinen fast analog zu den Tanninen der Rotweine zu verstehen ist (Aber bei weitem nicht so extrem). Es handelt sich um eine Faßprobe von Kai Schätzel’s 2012 Pettenthal Riesling. Ein Wein, den ich mit Spannung weiterverfolgen werde.

2012 Directors Cut Riesling Weingut Schatzel

Der dritte Wein besticht durch eine besondere Art von Balance: Er offenbart eine bissige Mineralik, getragen von einer messerscharfen Säure. Gleichzeitig aber erfährt man ein gefühl von Geschmeidigkeit – Typ “Kreissäge im Federbett”. Der Wein wird später als Faßprobe des Riesling Directors Cut von Kai Schätzel enthüllt. Für diesen wurden nur die Spitzen aus den besten Teilen des Pettenthal gelesen und spontan auf der Maische vergoren. Ein mutiger, kompromissloser Wein, der das Zeug hat zu Deutschlands Extremriesling-Spitze zu gehören. +

2012 Appenheimer Silvaner Knewitz

Nach dem vierten einschenken, kommt mir eine heftige Kohlnase entgegen. Momentan kein Wein fürs erste Date. Am Gaumen zeigt sich der Appenheimer Silvaner von Knewitz aber recht fertig für eine Fassprobe, mit cremiger, leicht süßer Frucht und einer schönen Mineralik. Fällt dadurch gegenüber der etwas “unfertigeren” Fassproben angenehm auf.

2012 Silvaner Hipping Weingut Schätzel

Nun kommt mir gleich wieder eine Kohl-Nase entgegen, gepaart mit einem mineralischen Aspirintabletten Anklang. Mit dabei aber auch klar erkennbare Fruchtnoten. Viel später vernehme ich noch eine leichtes Mandel-Aroma. Das ist schon wieder sehr spannend. Am Gaumen erlebe ich eine schöne hefig-mineralische Mischung. Ein Wein, der einem spontan das Gefühl von Balance vermittelt. Diese Faßprobe 2012 Hipping Silvaner von Schätzel hat was. So langsam dämmert es bei mir, dass sich da wohl eine schöne, wilde Kollektion von Kai anbahnt.

2012 Rothenberg Silvaner Weingut Schätzel

Bei der 6 bin ich mir gleich sicher: Das ist riesling! Aber Denkste. Es ist der Rothenberg Silvaner von Schätzel. Ausgeprägte, schöne Würze inmitten noch deutlich hefiger Noten, notiere ich mir. Auch hier bin ich sehr auf die Entwicklung gespannt.+

Nach 6 Faßproben sind nun noch 7 “fertige” Weine dran:

2011 Wittmann Silvaner K und U Edition

Nach dem ersten Schnuppern an Glas Nummer 7 muss ich an Weissen Bugunder denken. Es wird der 2011 Silvaner trocken Edition K&U vom Weingut Wittmann sein . Der Wein hat eine deutlich Holzsüße, die mir fast ein Tick zu intensiv erscheint (ist auch Geschmackssache). Am Gaumen jedoch zeigt sich eine knackige Säure, aber auch eine schöne Würze. Ich bin mir nicht ganz sicher, ob das was für mich ist. Auf jeden Fall ein Wein, der zumindest noch Zeit braucht.

2011 Querkopf Silvaner Schätzel

Als nächstes haben wir eine wahre Power-Nase, sehr Sponti-lastig, die aus dem Glas strömt. Darunter verbirgt sich ein Wein von schöner Eleganz mit einer bemerkenswerten Länge. Der 2011 Rothenberg Silvaner von Kai Schätzel, der kürzlich wegen Ablehnung der AP Nummer zum Querkopf umgetauft wurde, scheint einen sehr guten Weg zu nehmen. +

2011 Rheingauer Landwein Blanc de Blanc trocken Ress

Die Nase von Flasche Nummer 9 zeigt eine kare Burgunder-Persönlichkeit, verwoben mit rauchigen Sponti-Noten aber auch mit sehr viel süßem Faß. Die Balance stimmt in diesem “Blanc de Blanc” vom Weingut Balthasar Ress, der offenbar aus Weissburgunder-Trauben gewonnen wurde. Ein Wein ohne AP-Nummer versteht sich… Für meinen Geschmack gehört auch dieser Wein ob seiner süßen Holznoten für ein paar Jahre in der Ecke vergessen. Andere in der Runde fanden ihn jedoch jetzt schon betörend!

2009 Sauvignon Blanc Braunewell

Der nächste Wein machte das unvorstellbare möglich. Ein Weisswein, der intensiv nach Kaffee und Mokka riecht, dabei auch fast so parfümiert erscheint, dass ich an Gewürztraminer denken muss. Es handelt sich aber tatsächlich um einen 2009 Sauvignon Blanc vom Weingut Braunewell in Essenheim. Wer hätte das gedacht? Auf keinen Fall ein Wein für jede Gelegenheit, aber eine interessante Entdeckung.

Meierer Riesling

Der nächste Wein bietet einen deutlichen Kontrast. Nun ist es ein süffiger, leichter, tänzelnder Riesling, mit Wiesenkräutern, Holunder, vielleicht etwas grünen Tee in der Nase, der sich in unseren Gläsern befindet. Der 2011 Riesling vom Weingut Meierer an der Mosel ist auch am Gaumen ein leichtes Kaliber, das aber durch eine wohl dosierte Säure sehr lebendig wirkt. Ein gelungener Wein, der auf leisen Sohlen daherkommt und viele feine, frische Aromen transportiert. +

2008 Quarzit Riesling Peter Jakob Kuehn

Dann ein Wein, den ich eigentlich gut kenne: Peter Jakob Kühn‘s Quarzit 2008. Erraten habe ich ihn nicht, doch verwundert war ich auch nicht. Ein frischer Riesling mit schönen Zitrus- und Grapefruit-Noten, durchzogen von herben Kräuteranklängen – das ist so typisch Kühn. Quarzit ist darüber hinaus in fast jedem Jahrgang ein toller Rheingauer Weinwert. +

2009 Amphore Riesling Peter Jakob Kuehn

Als krönender Abschluss dann ein Wein, der eine gewisse oxidative Art nicht verdecken kann, dies aber auch nicht zu deutlich zeigt. Es vermischen sich hier sehr gegensätzliche komplexe Noten von Kaffee, frischen Kräutern mit einer sehr prägnanten aber schönen Säure. Dabei zeigt der Wein auch eine gewisse Leichtigkeit. Auf jeden Fall mehr als nur interessant, dieser 2009 Riesling aus der Amphore von PJ Kuehn – vielmehr ein wahres Erlebnis! Ein Wein mit sehr vielen Facetten, auf den man sich einlassen muss.

Der Abend hat sich auf jeden Fall gelohnt. Kai und alle anderen Beteiligten haben eine spannende Probe zusammengestellt, welche für mich mehrere Dinge deutlich gemacht hat. Vor allem, dass trotz einiger auffälligen Gemeinsamkeiten diese Orange Wines sehr vielseitige Geschmacksfacetten aufzeigen können. Aber auch, dass – so zumindest mein Eindruck – die Qualität des Leseguts und die Eigenart der Böden in vielen Fällen noch erkennbar bleiben.

Aber natürlich ist es auch wie immer eine Frage des persönlichen Geschmacks. Als jemand, der die Vielfalt schätzt, kann ich mich nur über diese individuellen Weine freuen. Auch finde ich es toll, dass immer mehr Winzer den Mut haben, dieses Experiment zu wagen, denn sie begeben sich teilweise auf neues Terrain und egal wie viel Erfahrung sie damit sammeln: “Spontan” und “orange” werden wohl nie eine “planbare” Art des Weinmachens sein.

Vielen Dank nochmal an die Familie Schätzel und an Kai für dieses Event.

 

PS: Sehr schön zu lesen auch der Bericht über eine Orange Wine Probe vom Drunken Monday Blog.

Schlachtplatte
Leckere Wurst gab es natürlich auch (Archivfoto)

 

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