Natürlich nicht zu Fuß, sondern von Glas zu Glas – Zusammenfassung eines netten Weinabends dessen Anlass ein Geburtstag war, auf den es anzustossen galt.
2009 Rotschiefer Riesling, Weingut St-Antony: Fast goldene Farbe die etwas überreif wirkte. Am Gaumen dann eine üppige Frucht, die eigentlich auch fast von der ganzen Runde gelobt wurde, nur ich fand sie etwas zu dick aufgetragen: Mineralität und Terroir werden dadurch fast überdeckt. Bin auch wegen dieser hohen Reife bei jungem Alter eher leicht skeptisch. Aber leer war die Flasche in nullkommanix.
2009 Reinschiefer Riesling, Weingut Schätzel. Wirkte deutlich schlanker, insbesondere nach dem sehr reifen St. Antony. Für mich auf jedenfall der bessere Wein, da mit mehr Finesse und deutlicherer Terroir-Prägung. Auch sehr schöner mineralischer Eindruck im Finish. Vielleicht wirkt er insgesamt aber auch noch etwas jung, wie so viele 2009er Rieslinge. Diesen Sommer wird das bestimmt ein Kracher und ich bin dann auch gespannt wie sich der Rotschiefer dann schlägt..
2009 Ruppertsberger Riesling – Weingut Dr. Bürklin-Wolf: Jetzt sind wir schon etwas südlicher angelangt, nämlich in der deutschen Toskana, auch Pfalz genannt. Der Ruppertsberger Riesling, einer der Grundweine des Guts, ist auch deutlich gemäß seiner Herkunft geprägt mit üppiger Frucht, die zwar reif aber nicht überdreht wirkt. Von deren Intensität liegt er irgendwo zwischen den beiden ersten Weinen. Insgesamt ist es kein Überflieger und im Finish auch eher mittelprächtig – aber ein durchaus feiner Zechwein von dem man auch keine grosse Gaumenakrobatik erwartet. Im Weingut wird er übrigens im Bin End Sale gerade für 7,75 Euro angeboten. Da kann man nichts falsch machen.
2005 Gaisböhl GC, Weingut Dr. Bürklin-Wolf: Nun sind wir in der Welt der Lagenrieslinge angelagt. Gaisböhl ist eine von 2 Monopol-Lagen im Besitz des Guts und mit 7,5 ha auch die grösste ( Die Reben wurden 1977 gepflanzt, für eine genaue Ortung, siehe hier). Mit eleganter dunkelgelber Farbe präsentiert sich der Wein im Glas. In der Nase keine Firne, stattdessen schöne Aprikosenfrucht mit vielleicht einem kleinen Hauch Petrol. Am Gaumen mit gutem Gewicht und schöner Frucht, ohne jetzt aber ein Geschmacks-Feuerwerk auszulösen. Die Mineralität sticht sehr schön durch und wirkt fast ein Hauch salzig. Zusammen mit einer leichten Bitter-Note erhält der Wein dadurch zuweilen fast einen ernsthaften Zug. So ein Bitterton verfliegt zwar öfter nach einer Weile, aber auch diese Flasche war viel zu schnell leer ,als dass wir das hätten überprüfen können. Im Abgang ist der Wein auch eher von mittlerer Länge. Insgesamt ein positives Bild, aber von der Komplexität eher ein Grand Cru für den Alltag.
2003 Hochheimer Hölle Auslese Trocken Goldkapsel, Weingut Künstler. Ein Wein aus einer anderen Zeit, und zwar aus einer in der Erste Gewächse noch “trockene Auslese” hiessen. Ich war sehr gespannt auf diese Hölle. Einerseits weil sie aus dem unter Weinkennern umstrittenen Hitzejahr 2003 stammte, andererseits weil sie dennoch hochgelobt wurde – Wein Plus hat damals 95 Punkte vergeben. Wie würde der jetzige Zustand sein?
Von der Farbe her ist der Rheingauer naturgemäß etwas blasser als die beiden Pfälzer. In der Nase: Leichter Petrol, Aprikose, aber auch Kräuter. Am Gaumen fällt sofort der hohe Extrakt auf: Was ein Geschoß! Aber der Wein ist auch ein Tick aus der Balance mit leicht vordergründigem Alkohol. Die 95 Punkte von Wein Plus wären heute sicherlich zuviel des Guten, auch weil die Frucht am Gaumen wenig konturenreich scheint. Aber er ist dennoch spannend, deutlich komplexer als der Gaisböhl mit einer enormen inneren Kraft und einer packenden Mineralik. Vielleicht in diesem Jahr nicht so sehr ein “hocheimer Latour”, aber diesen Wein würde ich nochmal gerne in Ruhe probieren. Viel Zeit sich zu öffnen, haben wir ihm nicht gegeben.
1986 Barolo, Guiseppe Contratto : Zum Abschluß ging die Reise dann ins Piemont mit einer Flasche Barolo aus dem ordentlichen Jahrgang 1986 (laut pauschalisierender Jahrgangstabelle). Der Hersteller ist keine Berühmtheit aber doch zumindest alteingesessen. Laut Website wird hier heute mit französischen Barriques gearbeitet, bei diesem 1986er vermute ich aber noch die klassischen grossen Barolo-Fässer aus slawonischer Eiche. Über die genaue Lage dieses Barolo ist auf dem Label leider keine Angabe.
Die Farbe ist noch ausserordentlich dunkel und nur ein leichter orangener Ton verrät vielleicht das Alter. In der Nase wirkt er eher floral, mit getrockneten Blüten aber auch den üblichen Waldboden im Herbst, wenn auch dezent. Am Gaumen dann immer noch kraftvoll zupackend und mit ordentlicher Säure. Die Frucht ist nicht mehr so prall, aber die Struktur ist dafür sehr fein. Insgesamt ein ordentliches Zeugnis des klassischen Barolos.