So spannend war es wohl noch nie in der Oberdorfstrasse bei Schätzels. Einige interessante Themen wurden in der Tatort und Blutwurst Reihe bis dato ja schon aufgegriffen, jedoch waren sich alle Teilnehmer einig, dass die letztwöchige Gutsriesling-Probe eine ganz besondere Energie entwickelt hat. Wahrscheinlich aus 2 Gründen: Zunächst, weil es wohl für viele die erste größere Begegnung mit dem neuen Jahrgang 2012 ist und zweitens, weil es sich bei diesen Gutsweinen ja immer um die Visitenkarten eines Weinguts handelt, diese einiges über die Stilistik des Winzers preisgeben und vielleicht auch einen Hinweis geben, wie gut dieser im letzten Jahr gearbeitet hat, und was vom Rest seines Wein-Portefeuilles zu erwarten ist.
Wie dem auch sei. Wir wurden aufgefordert 22 Guts-Rieslinge aus verschiedenen Anbagebieten mit Noten von 0 bis 10 zu bewerten. Aus dem Noten-Durchschnitt der etwa 20 Teilnehmer wurde ein Ranking erstellt. Dieses werde ich am Ende preisgeben. Zunächst aber mein persönliches Ranking, absteigend von der Maximalen Punktnote 10:
10 Punkte:
Knewitz, Rheinhessen – Tolle Frucht, saftig, würzig, wie aus einem Guß. Sehr voller Wein, auch mit schöner Mineralik. Fast schon etwas mehr als ein Gutswein. Klar hat der mit seiner Fülle auch ein paar schöne, etwas schlankere Weine “weggestrahlt”. Andererseits kann man auch nicht behaupten, dass es sich hier um einen dicken Wein handelt.
9 Punkte:
Dreissigacker, Rheinhessen – Schlank in der Erscheinung und doch enorm viel drin, vor allem Würze und eine wunderbar integrierte Säure.
Battenfeld-Spanier “Eisbach”, Rheinhessen – Sehr frischer Wein mit schöner, kalkiger Mineralik.
St. Antony “Bodenschatz”, Rheinhessen – Leichter Sponti in der Nase, dann volle Frucht und leichte Würze.
Wagner-Stempel, Rheinhessen – Schlanke Erscheinung, vollgepackt mit aspirin-artiger Mineralik.
Schäfer-Fröhlich, Nahe – Auch ein schlanker Vertreter, mit viel Frucht und guter Mineralik, ganz leichte Rauchigkeit.
8 Punkte:
Schätzel “Reinweiß”, Rheinhessen – Säure, Würze und aspirin-artige Mineralik.
Espenhof, Rheinhessen (Literflasche) – Schöne Frucht, reiche Mineralik, ganze leichte Würze, frisch.
Wechsler, Rheinhessen – schöne Würze, tolle, fast pikante Säure.
Wittmann, Rheinhessen – Besticht auch durch Würze, gepaart mit einer schönen Säure. Noch etwas rauh.
Keller (Edition PdP), Rheinhessen – Würze aber eine etwas ruhigere Erscheinung mit etwas weniger Spannung als seine Nachbarweine.
Schätzel “Reinstoff”, Rheinhessen – Leichte Sponti-Nase, noch (angenehm) hefig, intensive Mineralik.
Christmann, Pfalz – Angenehmer Riesling. Schlank, mit guter Frucht und Mineralik.
Schäfer, Pfalz – Schön trocken, schlank, mineralisch, pikant.
7 Punkte:
Peter-Jakob Kühn “Rheinschiefer”, Rheingau – kompakter Wein, der noch nicht viel offenbart, bzw. sich sehr langsam öffnet.
Robert Weil, Rheinhau – Zeigt sich fruchtig und pikant, aber insgesamt nicht wie aus einem Guß, etwas zerfahren.
Werther-Windisch, Rheinhessen – erscheint leicht und süffig.
Kühling-Gillot, Rheinhessen – leichte Rauchigkeit, gute Frucht.
Battenfeld-Spanier, Rheinhessen – Grapefruit-Noten, schöne Säure.
Emrich-Schönleber, Nahe – Interessante Safran-Note, etwas ruhiger aber schöne Mineralik.
6 Punkte:
Balthasar Ress ” Von Unserm”, Rheingau – straff, rauchig, aber irgendwie neben der Spur (Fassprobe, meinte ich zu hören).
Immich Batterieberg, Mosel – Noch unfertig, ungeschwefelt, hat sich permanent verändert (Fassprobe, selbstredend).
Und hier nun die Top Ten im Durchschnitt aller Verkoster:
1. Dreissigacker
2. Keller
3. Battenfeld Spanier „Eisbach“
4. Christmann
5. P.J. Kühn
6. Battenfeld Spanier
7. Wechsler
8. Knewitz
9. Schätzel ReinStoff
10. Weil
So ein Ranking ist natürlich mit Vorsicht zu geniessen. Während der Probe konnte man merken, dass sich die Weine durch Luft und Temperatur enorm veränderten. Aber man sieht auch an meinen Punkten, dass kein wirklich schlechter Wein dabei war. Die beiden Rieslinge mit nur 6 Punkten waren wohl noch Faßproben und werden mit großer Sicherheit sehr bald ganz anders schmecken.
Und zum Gesamtranking kann man nur sagen: Auf jeden Fall ein verdienter Sieger. Der Dreissigacker Gutswein hat eine hohe Süffigkeit bei noch höherem Anspruch.
Aber das Fazit betrifft wohl eher den Jahrgang. Wenn man sich jettz schon ein Urteil erlauben darf: Alles deutet auf einen sehr gelungenen Jahrgang hin. Nun bin ich gespannt (und gut vorbereitet) auf die Weinbörse in Mainz am Sonntag und auch sehr gespannt auf die Ergebnisse des Berlin Gutsriesling Cup, der nächste woche stattfinden wird (An alle Winzer: Überhäuft den Martin mit euren Weinen – noch hat er ein gutes Verhältnis mit seinem DHL Lieferanten ;=)).
Und nun zu den weiteren Geschehnissen des Abends: Neben der “Schlachtplatte” gab es auch eine gebratene Blutwurst-Kreation auf leckerem Kartoffel-Purée mit einem Klecks Apfelkompott – Himmel und Erd’, sagenhaft lecker. Das Flying Dinner wurde zubereitet von Nicole Massoth und Thomas Heinicke (unten im Bild) vom Restaurant Schloss Sörgenloch in Sörgenloch bei Mainz. Dieses Steht ab nun auf meiner To-do Liste. Angeblich wartet dort auf alle durstigen Kehlen neben dem leckeren Essen auch eine sagenhafte Weinauswahl.
Zum Schluss stiftete der Hausherr noch einen “Reparaturwein” (wieder ein Anlasswein) von der Mosel. Unglaublich, wie frisch und jung dieser 2001er noch erschien. Was es nicht alles für Geheimtipps gibt. Vielen Dank Kai, für diesen gelungenen Abend!