Wieder mal sind einige Monate des sporadischen und unorganisierten Probierens vorüber gegangen, und so wurde es wirklich mal wieder Zeit für eine schöne, ausgedehnte Weinprobe mit viel Gelegenheit zum direkten Vergleich. Da trifft es sich gut, dass Weinliebhaber Oskar eine fröhliche Weinrunde zur spanischen Weinprobe in den Gewölbekeller des Alten Hofs in Wallau geladen hat. Im Gepäck hatte Oskar eine große Vielfalt an Flaschen, so dass die Probe einer Entdeckungsreise quer durch die spanische Weinlandschaft glich. Highlights gab es dabei nicht zu wenige, doch ich will jetzt nicht zu viel verraten. Als Bewertungssystem habe ich mich für das einfache aber praktische -,+ und ++ entschieden wobei – für “unter den Erwartungen”, + für “gut, entspricht den Erwartungen” und ++ für “sehr gut, deutlich über den Erwartungen” steht. Hier sind meine Notizen:
2009 Temptación, Bodegas Mas Martinet, Priorat
Ein interessantes Label ziert diese aus dem Priorato stammende Cuvée aus 5 Rebsorten, doch natürlich kommt es auf den Inhalt an. Eine ganz leichte Vanillenote prägt die Nase, aber auch ein Hauch von Paprika, den Cabernet-Anteil des Weins bezeugend. Ansonsten sind dunkle Beeren-Aromen präsent, auch am Gaumen. Dort gibt sich der Wein voll und geschmeidig, mit sehr feinen Tanninen die dem Ganzen noch den richtigen Schliff verleihen. Etwas Lakritz und eine leichte Würze gesellen sich dazu. Im Finale spürt man einen Hauch von Bitterkeit, doch dann kommt wieder die Beerenfrucht. Ein Priorat-Wein mit Frucht und Fülle also, der ohne zu hohem Alkohol daherkommt und gerade deswegen auch Spaß macht. +
2008 El Castro de Valtuillo Barrica, Bierzo
Ein dunkler Wein von über 60 Jahre alten Mencia Reben stammend. In der Nase süße Beerenfrucht, aber auch etwas Würze und vielleicht auch Veilchen-Noten. Am Gaumen zeigt der Wein etwas mehr Tannin als sein Vorgänger, erscheint aber auch gleichzeitig viel saftiger, weil mit einem schönen Säuregerüst ausgestattet. Zwischen Tannin und Säure fühlt sich die Süße Beerenfrucht gut aufgehoben und ein schöner Trinkfluß entsteht. Für mich auch ein +, jedoch gefällt mir der erste Wein etwas besser.
2008 Vallegarcia Syrah, Bodegas Pago de Vallegarcia, Castilla
In der Nase sehr Süße Beeren aber auch deutliche Alkoholdämpfe. Am Gaumen setzt sich dies in einer seidigen und cremigen Texture fort: Beeren und Süße sowie die Brandigkeit von 15% Alk. Die Länge ist recht gut und auch eine angenehme Cremigkeit muss man dem Wein zugestehen, doch meinen Geschmack trifft er dennoch nicht. Es fehlt hier vor allem etwas Frische. –
2007 Bercial Unico Reserva, Bodegas Sierra Norte, Utiel-Requena
Diesmal eine nur ganz leicht Alkohol-Note in der Nase, dazu viel Beerenduft und eine dezente Paprika-Note, auch hier den Cabernet-Anteil der Cuvée bezeugend. Am Gaumen zeigt der Wein eine sehr schöne Balance mit einer knackig-saftigen Säure und einer tollen Beerenfrucht die intensiv strahlt, dabei aber kein bisschen kitschig wirkt. Etwas Pfeffer-Würze hat der Wein auch zu bieten. Insgesamt ein sehr schöner Wein, mit toller Harmonie bei dem durch die Säure auch ein schöner Trinkfluß entsteht. +,5
Mesa 15, Wein & Vinos
Bei diesem Abfüller-Projekt des Weinhändlers Vinos wird der eigentliche Erzeuger des Weins eigentlich nicht verraten, doch unser Gastgeber Oskar ist nach investigativen Recherchen ziemlich sicher, dass es sich um die Cuvée Hipperia von Vallegarcia handeln muss. Vielleicht kann das ja ein Leser noch bestätigen. Der Wein hat ein intensives Fruchtbukett, versteckt aber leider auch nicht seine 15 Umdrehungen Alkohol. Auch hier mischt sich ein Hauch Paprika ein (der Cabernet winkt wohl nur zu gerne mit dem Zaunpfahl). Am Gaumen überwiegt die süße Frucht, doch ganz deutlich dringt auch hier die Brandigkeit des Alkohols durch. Eine schöne Länge hat der Wein aber in der Tat. Haben wir hier das typische Parkersche Marmeladenmonster? –
2007 Cabernet Shiraz Reserva Enrique Mendoza, Alicante
Ein Wein der anfangs etwas zweidimensional wirkt, sich dabei ruhig, sanft und angenehm in der Frucht zeigt. Doch diese nette Beschreibung muss mit jedem Schwenk etwas nach oben revidiert werden. Die Tannine bauen sich langsam auf, in der Nase entwickeln sich interessante Toastbrot-Noten die später noch mit Kaffeenoten und Paprika an Komplexität gewinnen, und die Beerenfrucht perfekt ergänzen. Der Wein behält seine Harmonie und zeigt ein gutes Finale. Ein absoluter Preis-Leistungs-Tipp für circa 15 Euro. +
2006 Villacreces, Bodegas Artevino – Finca Villacreces
Dieser Nachbar von Vega Sicilia hat eine ätherische Tempranillo-Nase mit balsamischen Noten und Kräuter-Aromen nebst einer sehr reinen Beerenfrucht. Am Gaumen zeigt sich die Frucht ebenfalls sehr schön, ist gebettet in einer geschmeidigen Textur mit feinen Tanninen, die nur einen ganz leichten Grip hinterlassen. Was bei allen Weinen bisher etwas gefehlt hat ist hier recht deutlich vorhanden: Am Gaumen wird eine sehr schöne (mineralische) Frische widergeben. Ein toller Wein ++
2005 Marques de Caceres Reserva, Rioja
Die Nase zeigt sich weniger üppig und duftig als beim vorherigen Wein, hat aber dennoch eine schöne Tempranillo Ausprägung mit Beeren in eleganter Fassung. Am Gaumen wirkt der Wein dafür etwas ruppiger, mit zupackenden Tanninen. Nach Rückvergleich sind wir zu dem Schluss gekommen, dass er nicht mehr Tannin vorweist als der letzte Wein, doch dass diese durch seine geringere Fülle eher in den Vordergrund rücken. Der Caceres zeigt sich wie erwartet als klassischer, eleganter Rioja, noch etwas ruppig, aber dennoch elegant. Ein paar Jährchen kann man diesem Wein noch gönnen. +
2004 Luis Canas Reserva “Seleccion de la Familia”, Rioja
In der Nase kommt die für mich „amerikanisch“ wirkende Vanillenote deutlich zum Vorschein. Die Beschreibung klärt auf, dass der Wein sowohl in französischer als auch amerikanischer Eiche gereift ist, zuletzt aber halt 12 Monate in (wahrscheinlich neuen) USA-Fässern. Die Frucht ist aber trotzdem mit von der Partie und gut dabei. Interessant ist, dass der Wein in seiner Farbe, aber auch in seinem Geschmack noch extrem jung wirkt, mit strahlender Primärfrucht, obwohl er sogar noch 1 Jahr älter ist als der vorherige Wein. Ein Gerüst bestehend aus sehr feinkörnigen Tanninen verleiht dem Wein eine elegante Struktur. Ein Wein mit weiterem Potential. Wie passend, denn die amerikanische Eiche muss sich für meinen Geschmack noch etwas abmildern. In 2-3 Jahren könnte das ein super Wein sein. Meiner Lieblings-Stilistik entspricht er aber nicht ganz. +
2004 Agnus de Valdelena Reserva, Rioja
Eine reife Rioja-Nase schlägt einem entgegen, mit einer schönen Würze und deutlichen Karamell-Noten. Mit zunehmender Lüftung schlägt diese Karamellnote leicht in Richtung oxidativ: Ein Indiz, dass der Wein sich Zumindest auf seinem Zenit befindet. Am Gaumen wirkt der Wein sehr elegant, auch hier mit einer schönen Würze aber auch mit ansprechenden Fruchtnoten, rote Beeren etwa. Eine sehr schöne Säure verleiht dem Wein eine willkommene Saftigkeit und fördert den Trinkfluß. Der Wein zeichnet sich auch durch eine schöne Länge aus, wenn auch Im Finale hier und da einige Bitternoten zu vernehmen sind. Ein schöner Rioja, der jetzt gut zu trinken ist. Der Nase wegen würde ich Ihn aber nicht dekantieren, höchstens die Flasche etwas früher öffnen. +,75
2002 El Vinculo Gran Reserva La Mancha
Was für eine schöne, ätherisch wirkende Tempranillo-Nase. Auch am Gaumen zeigt sich, wie schön sich ein 100% Tempranillo Wein geben kann. Zu einer deutlichen Fruchtsüße mischen sich Noten von Kakao und schwarzen Oliven. Tannin ist jede Menge vorhanden, zwar nicht ganz in der feinkörnigen Qualität, das wird aber ganz gut von der süßen Frucht überdeckt. Insgesamt wirkt dieser Wein nochmal jünger als die beiden vorherigen, obwohl er doch älter ist. Ein reinsortiges Tempranillo -Erlebnis das Spaß macht. ++
2001 Marques de Murrietta Castillo Ygay Gran Reserva Especial
Die Nase ist elegant, von Karamell geprägt, aber auch mit einer leichten, aber ausreichend deutlichen und konstanten oxidativen Note, die vor allem das Gesamtbild etwas stört. Denn am Gaumen ist der Wein schlichtweg Perfektion. Man trifft auf eine unglaublich gute Balance von Frucht und Säure sowie auf eine perfekt dosierte Fülle. Textur und Struktur vermitteln Geschmeidigkeit und Anmut, reintönige Frucht und Komplexität vereinen sich. Wenn diese störende, sich anbahnende Oxidation in der Nase nur nicht wäre. Es wäre Perfektion. + ( Meine letzte Notiz zu diesem Wein hatte das schon angedeutet, Siehe hier )
2001 Izadi Tinto “Expresion”, Rioja
Wieder eine tolle ätherische Tempranillo-Nase, diesmal noch komplexer als beim El Vinculo, mit balsamischen Tönen aber auch Röstnoten, Teer und Kräutern. Frucht ist natürlich auch dabei aber vielleicht kommt aus der 2. Reihe hier schon ein Hauch Oxidation dazu. Es bleibt dezent. Am Gaumen erscheint der Izadi sehr harmonisch, zwar immer noch mit deutlichen und kräftigen Tanninen aber als Konterpart auch mit einer guten Säure. Dunkle Noten wie Teer sind auch hier noch dabei. Im langen Finale ist hier und da etwas Bitterkeit zu vernehmen. Insgesamt wirkt dieser reinsortige Tempranillo, trotz der sich ganz langsam anbahnenden Oxidation, noch sehr jugendlich und macht einen sehr guten Eindruck. +,5
1996 Val Sotillo Gran Reserva, Bodegas Ismael Arroyo, Ribera del Duero
Die Farbe dieses 1996ers wirkt noch sehr jung, auch wenn Sie sich zum Rand hin etwas aufhellt. Die Nase erscheint dicht und stoffig mit einem eindrucksvollen Aromenspektrum: Brombeere, Kirsche, Rauch und Bolognese-Sauce (Ja! Mit getrockneten Tomaten und Oregano). Kein Hauch von Oxidation. Am Gaumen wiederholt sich das alles in einem gut ausbalancierten Rahmen. Noch Präsente Tannine und die Elegante Frucht treffen auf eine animierende Säure, dazu mischt sich eine ansprechende Würze. Das Finale ist lang und komplex. Für mich, einfach grandios und der Wein des Abends. ++,5
1975 Olarra Gran Reserva, Bodegas Olarra, Rioja
In der Nase viel Karamell sowie Madeira, ohne aber den abstoßenden Aspekt zu alter Weine vorzuweisen. Der Gaumen zeigt Süße und Säure in guter Harmonie und man kann diesen Wein viel besser trinken als ich es geglaubt hätte. Die Süße ist insbesondere geprägt durch interessante Honig-Noten. Der Wein hat eine gute Länge. Absolut trinkbar und sogar genießbar. +
Das war eine Weinprobe, die nicht nur das hohe Qualitätsniveau der spanischen Rotweine bestätigt, sondern auch die große Vielfalt der dortigen Gewächse gezeigt hat. Natürlich wurde auch hier und da (zumindest für meinen Geschmack) der Vorwurf bestätigt, es würde in Spanien zu viele alkoholreiche, marmeladige Weine geben, doch insgesamt war das hier nur bei 2 bis 3 von 15 Weinen der Fall. Auch die Alterungsfähigkeit der Weine wurde Eindrucksvoll bewiesen: Mehr als einer der Weine zeigte nach 10 Jahren noch eine fast makellose Primärfrucht. Doch mein absoluter Favorit, der 1996 Val Sotillo Gran Reserva, steht sogar nach 16 Jahren Alterung in voller Pracht da. Hut ab. Mein Dank nochmal an den großzügigen Gastgeber dieser Probe, sowie an den Stifter des leckeren Hackbratens mit Kartoffelsalat.