Vor kurzem hab ich vom Weingut Seehof noch den 2009 Kirchspiel angepriesen, heute schon ist der nächste dran. In Westhofen gedeihen ja bekanntlich einige gute Gewächse, und neben Grössen wie Wittmann oder Keller, kann auch Nachwuchswinzer Florian Fauth aus mehreren Weinlagen schöpfen. Mal sehen wie sein 2009er Westhofener Morstein sich nun unseren Gaumen so präsentiert.
Zuerst wirkt der Wein etwas unförmig. Eine leichter Zuckerschwanz lässt ihn fast nicht trocken genug erscheinen und im Gegensatz dazu finde ich ihn am Gaumen zunächst etwas “flach”. Klarer Fall von “zu spät gelesen” dachte ich sofort still (und laienhaft natürlich) – denn dieser reife Jahrgang 2009 konnte in manchen Fällen doch schnell mal überreif und säurelos werden, oder?
Doch im Grunde war da die Flasche ja erst 3 Minuten geöffnet, “pop and pour” sozusagen. Mit ein bisschen Zeit sieht das Ganze schon ein bisschen anders aus. Der Wein macht sich so langsam breit, streckt sich, bäumt sich auf. Er zeigt, dass Substanz und Power in ihm stecken. Die süße Note fängt an sich zu relativieren.
Auch die Nase entwickelt sich, wird intensiver und präziser: Getrocknete Aprikosen und würzige Kräuter prägen hier das Bild. Am Gaumen zeichnet sich Ähnliches ab mit einer cremigen Aprikosen-Kräuter-Mischung, unterlegt von kalkiger Mineralik und begleitet von einer gewissen würzigen Ader. Der Wein zeigt jetzt wahrlich eine schöne Präsenz und von “flach” kann jetzt kaum mehr die Rede sein. Das Finale ist dann ebenfalls recht ordentlich, drückt aber auch die Wucht des Jahrgangs durch einen leichten “Alkoholbrenner” (13,5%) aus.
Mit der Belüftung hat sich der Wein also enorm harmonisiert und auch die etwas höhere Fruchtsüße unter den Deckel gebracht. Dennoch frage ich mich letztendlich ob nicht doch vielleicht ein Tick Säure fehlt um dem Ganzen noch den richtigen Schliff zu geben. Aber so ist das wohl mit Jahrgang und Lage, und ändern kann man es sowieso nicht. Und der Wein ist auf keinen Fall eine Enttäuschung. Im Gegenteil: Er hat allen Anwesenden geschmeckt und war sogar viel zu schnell geleert.
Interessant ist es natürlich, ihn mit der Nachbarlage Kirchspiel zu vergleichen. Der Morstein ist eindeutig der breitere, mächtigere Wein der beiden (wohl das wärmere Terroir?). Kirchspiel erscheint etwas feingliedriger, nerviger, wilder. Ich denke meine persönliche Präferenz gilt letzterem, insbesondere in 2009, doch Freunde von kraftvollen, Fruchtbetonten Rieslingen werden sicherlich den Morstein vorziehen.
Wie dem auch sei, Florian Fauth hat erneut bewiesen, dass er bald zu den ganz Großen der Gegend zählen wird. Ich kann nur raten zuzulangen, zumal die Preisgestaltung extrem kundenfreundlich ist.
Der Nachfolgejahrgang 2010 erhältlich für 14,95 bei Pinard de Picard – der dürfte jahrgangsbedingt auch erheblich frischer ausfallen!