Vor kurzem hatten wir die Gelegenheit 2 Rieslinge der Lage Forster Pechstein von 2 verschiedenen Weingütern gegenüberzustellen und ganz in Ruhe über ein Wochenende zu verkosten. Zum einen den 2007er Pechstein GG des Weinguts Karl Schäfer in Bad Dürkheim und zum anderen den 2008er Pechstein G.C. vom bekannten Weingut Dr. Bürklin-Wolf in Wachenheim an der Weinstraße, wobei das G.C. (Grand Cru) eine interne Klassifikation des Weinguts darstellt und es sich eigentlich gleichfalls um ein Großes Gewächs handelt. Um eins vorweg zu nehmen (Ihr werdet es aber schon geahnt haben): Die Weine ähnelten sich natürlich nicht wie ein Ei dem anderen!
Die Weinlage Forster Pechstein gehört mit seinen forster Schwesterlagen Kirchenstück, Ungeheuer und Jesuitengarten zu den bekanntesten Lagen der Mittelhaardt, und folgerichtig auch zum Kreis der Pfälzer und der deutschen Spitzenlagen. Einzigartig macht sie der Basaltboden, welcher vor etwa 53 Millionen Jahren durch die Eruption des naheliegenden Bergs Pechsteinkopf zustande gekommen ist. Der Basalt speichert tagsüber die Wärme, kann sie Nachts wieder an die Reben abgeben; ausserdem müssen die Rebstöcke tief wurzeln um an Wasser zu gelangen, was die Versorgung mit Mineralien erhöht. Ideale Voraussetzungen für schmackhaften Weinbau also.
Doch genug geschwafelt. Interessanter ist dann doch die Praxis!
Der 2007 Pechstein von Schäfer zeigt erst eine sehr zurückhaltende Nase, die etwas später durch einen netten kleinen Sponti-Stinker doch noch etwas Aromatik erhält. Am Gaumen erscheint der Wein überraschend fruchtlos für einen 2009er Grosses Gewächs, und noch dazu knochentrocken und mit einer recht straffen Säure. Das ist nicht unbedingt unangenehm doch zumindest ist es für mich halt überraschend. Ein anderer Gedanke ist, dass dieser Wein blind mehreren Weinbaugebieten in Deutschland zugeordnet werden könnte: Rheingau, vielleicht Rheinhessen. Auch die typische Pechstein- Note fehlt irgendwie und so scheint momentan, trotz einer gewissen Mineralik, kein allzu deutliches Terroir-Profil erkennbar. Korken wieder drauf und abwarten!
Am nächsten Tag zeigt sich der Wein schon etwas anders. Die Sponti-Nase ist nur noch dezent zu vernehmen, dafür erkennt man jetzt Zitrus-Aromen und einen Tick Rauchigkeit. Am Gaumen hat sich ebenfalls eine schöne, frische Zitrusfrucht in das straffe Bett aus Mineralik und Säure gesellt. Der Abgang wird ergänzt durch eine kräuterbittere Note und erhält dadurch auch eine gewisse Tiefe. Man merkt, vor allem durch das Straffe und Raue, dass der Wein noch lange reifen will, und ehrlich gesagt bin ich sehr gespannt wie dieser in ein paar Jahren schmecken wird. ich kann mir gut vorstellen, dass er das Alter hervorragend meistern wird, und dann eventuell auch die ganze Aroma-Palette des Pechstein-Terroirs offenbart. Die Anlagen dazu hat er. Es bleibt aber auch ein Wein in einer für die Pfalz untypischen Stilistik, weder opulent noch barock, sondern stahlig-mineralisch und so manche werden damit hadern. Aber für mich macht gerade das ihn noch zusätzlich spannend.
Interessant auch, die Entwicklung im Weingut Schäfer, wo ich immer wieder eine Veränderung der Stilistik feststellen konnte. Ich bin gespannt, ob dieser knochentrockene Stil auch in Zukunft beibehalten wird. Klar: Bei Spontanvergärung wird es immer Variationen geben und selbstverständlich bietet auch die Natur jedes Jahr neue Überraschungen, doch es scheint sich ein Trend abzuzeichnen, und es ist bestimmt ein guter Weg sich von anderen Pfälzer Winzern abzuheben.
Der 2008er Pechstein von Bürklin ist von Anfang an ein komplett anderer Wein, im Grunde könnten die beiden gegensätzlicher nicht sein. Allein schon die Farbe: Ein leuchtendes Goldgelb, in diesem Fall erstaunlich reif wirkend für den “kühlen” Jahrgang 2008. Aber diese Aussagen haben ja nur generell Ihre Bedeutung und im Speziellen sind die Unterschiede dann enorm.
Die Nase ist intensiv und insbesondere nach 1 Tag, die Luft braucht der Wein, sehr ausdrucksstark. Der Weinbergspfirsich und die Aprikose gehen Hand in Hand, aber auch die so sehr erwarteten rauchigen Aromen, die dem Trinker den Eindruck vermitteln er könne die Basaltsteine des Pechsteinkopfs riechen, sind deutlich zu erkennen.
Am Gaumen fällt sofort eine fast ölige Textur auf, die so manch einen Wein von grosser Konzentration kennzeichnet. Eine üppige Frucht ist dann wieder in vorderster Front – hier werden Freunde der barocken Pfälzer Stilistik voll auf Ihre Kosten kommen. Doch der hohe Extrakt kommt nicht ohne Nebeneffekte, denn hier und da zeigt sich der Alkohol etwas, wie eine züngelnde Flamme, vor allem wenn sich das Glas ein paar Grad zu sehr aufwärmt.
Andererseits greift die sehr schön dosierte Säure auch immer wieder rechtzeitig ein, bändigt die ganz leichte Süße, und scheint auch gleichzeitig die Mineralik ins Spiel zu bringen. Diese zeigt nicht dieselbe rauchige Art wie in der Nase, ist aber auf jeden Fall sehr deutlich zu spüren. So fließt der Wein auf eine dezent-pompöse, aber auch elegante Weise in den Rachen, der Gaumen wird dabei fast zum imaginären roten Teppich eines modernen Rokoko-Schlosses. Das folgende Finish zeigt dann die erwartet schöne Länge, und wird dabei von einer herben Kräuternote begleitet, welche auch diesem Wein zusätzliche Tiefe verleiht.
Insgesamt ein sehr überzeugender Wein, der -so scheint mir- an diesem Abend viele Freunde gefunden hat, und mit Sicherheit ebenfalls schön reifen wird. Ob er so perfekt altern wird der 1999er Pechstein bleibt abzuwarten, aber das Potential kann man ihm nicht abstreiten.
Im Vergleich der beiden probierten Pechsteinen ist es nun aber schwer zu sagen, welcher die glänzendere Zukunft vor sich hat. Für mich persönlich sind die beiden Weine auf Augenhöhe, aber halt in einer vollkommen unterschiedlichen Stilistik. Der eine eher athletisch, der andere eher schlank und rank, beide aber mit schönen “inneren Werten“. Auf jeden Fall wäre es höchst interessant diesen Vergleich in 5 Jahren zu wiederholen.
Preislich hingegen gibt es übrigens einen eindeutigen Sieger: Der Pechstein von Schäfer. Der aktuell angebotene Jahrgang 2009 ist für 24 Euro ab Weingut erhältlich. Für den 2009er Pechstein von Bürklin sind satte 37 Euro fällig!