Nur zustimmen kann ich Martins Beurteilung des 2004er Riesling Spätlese M vom Pfälzer Weingut Karl Schäfer. Durch die Spontanvergärung erhält dieser Wein eine ganz eigene Stilistik, etwas kühler, etwas strenger als viele andere Rieslinge, aber nicht minder interessant. Eher im Gegenteil.
Die Nase ist erst verhalten, doch mit etwas Zeit an der frischen Luft entwickelt sich dieser Wein rasant: intensive Zitrus Noten, Schießpulver und leicht honigartige Reifetöne erscheinen; der Duft wird intensiv und stoffig.
Am Gaumen fällt sogleich die intensive Säure auf, die jedoch elegant wirkt und mit Jod-artigen Noten etwas die strenge Stilistik unterstreicht. Sie spielt eine grundlegende Rolle im Geschmacksbild: Wie eine Art Gewürzsalz begleitet sie die Struktur des Weines und scheint nicht nur Geschmack zu sein sondern auch Volumen.
Die Frucht muss dafür etwas kürzer treten: Anklänge von Steinobst sind zwar zu erkennen aber eher Hintergrund in diesem Wein. Er braucht halt viel Luft und am zweiten Tag wirkt er auch offener. Der Wein wird leicht buttrig (im Positiven) und entwickelt am Gaumen (und Nase) Apfel und Crème Caramel Noten und zeigt sich dabei immer ausgewogener. Die Nase erinnert inzwischen an rauchiges Lakritz, falls es sowas überhaupt gibt.
Definitiv kein Wein für Jedermann, aber jeder sollte Ihn zumindest probieren. Dieser Stil stellt auf jeden Fall eine Bereicherung da und es wäre erfreulich wenn mehr solche Weine entstünden. Vor allem die Entwicklung der Aromatik ist verblüffend und überrascht einen immer wieder aufs Neue.
Dazu hab ich übrigens die klassische Kombination, getoastetes Walnuss-Baguette mit Brie, Birnen, etwas Pfeffer und einen Tropfen alten Balsamico darüber verzehrt. Die gewisse Salzigkeit des Rieslings hat perfekt gepasst! So wird aus Kleinigkeiten etwas ganz großes! Und falls es Punkte bedarf, würde ich zwischen 91 und 92 schwanken.